Chiphersteller fordern langfristigere Planung und Pufferlager

Bei manchen Halbleiterarten werde der Mangel "noch weit in das Jahr 2022" anhalten, sagte kürzlich Infineon-Automotive-Chef Peter Schiefer im Automobilwoche-Interview. Bei anderen werde sich die Lage noch 2021 entspannen. Infineon hat im September seine neue, 1,6 Milliarden Euro teure Chipfabrik im österreichischen Villach in Betrieb genommen. Zum Start produziert das Werk für die Automobilindustrie, Rechenzentren erneuerbare Energiegewinnung. Der Ramp Up läuft über die nächsten vier bis fünf Jahre.

NXP-Chef Kurt Sievers sagte im Bloomberg-Interview, der Mangel könne noch bis ins Jahr 2022 andauern. Renesas-CEO Hidetoshi Shibata sprach davon, dass sich die Krise "mindestens" bis ins erste Halbjahr 2022 hinziehen dürfte.

Dabei sehen Halbleiterproduzenten nicht in erster Linie Corona oder Produktionsausfälle als Auslöser der Probleme, sondern einen steilen Nachfrageanstieg. Sievers berichtet über ein Plus im Automotive-Geschäft von NXP im zweiten Quartal von über 80 Prozent gegenüber 2020 und plus 21 Prozent im Vergleich zu 2019. Fürs dritte Quartal erwartet NXP eine Absatzsteigerung um weitere 15 Prozent. Während in Verbrennerfahrzeugen im Schnitt Halbleiter für 460 US-Dollar verbaut seien, liege der Wert in E-Fahrzeugen bei 900 Dollar und mehr.

Bei STMicroelectronics liege die Nachfrage im zweiten Quartal immer noch "deutlich über unserer aktuellen und geplanten Produktionskapazität", berichtet Philippe Prats, Vice-President Marketing & Application Automotive EMEA. 2021 stecke das Unternehmen bis zu 1,5 Milliarden US-Dollar in Erhöhungen der Produktionskapazitäten durch eine neue Fabrik und Erweiterungen vorhandener Anlagen. Die Produktionskapazität von Highend-Mikrocontrollern, die hauptsächlich in die Automobilindustrie gehen, werde man bis 2023 um 50 Prozent steigern.

Auch Analog Devices hat die Investitionen aufgestockt, um zusätzliche Kapazitäten zu schaffen und damit "der starken Nachfrage besser gerecht zu werden". Man habe auch zusätzliche Wafer eingekauft, um mehr produzieren zu können. Die Waferlager seien nun so voll, wie noch nie.

Die aktuelle Chipkrise macht deutlich, dass in der Zusammenarbeit von Automobil- und Halbleiterindustrie neue Konstellationen nötig sind, wie die Chefs der beiden Marktführer Infineon und NXP unisono betonen. JIS und JIT in der Automobilproduktion passen nicht mit den Abläufen der Chipbranche zusammen. Vom ersten Produktionsschritt bis zur Fertigstellung eines Chips vergehen drei bis sechs Monate, betont Sievers. Von der Entscheidung für ein neues, milliardenteures Werk bis zur Fertigstellung vergehen oft fünf Jahre, erläutert Schiefer. 18 Monate und mehr seien oft für eine Kapazitätserweiterung in vorhandenen Fabriken erforderlich.

Schiefer: "Das heißt, eine Bedarfsplanung über einen Zeitraum von 18 Monaten wäre sehr hilfreich." Wünschenswert, das gibt er den Automobilherstellern mit auf den Weg, "wäre auch mehr Verbindlichkeit in der Planung und im Bestellprozess". Mehr Transparenz und einen engeren Austausch mit den Kunden wünscht sich auch Kurt Sievers, "um die künftige Nachfrage besser voraussagen zu können. Und damit sind nicht die kommenden ein oder zwei Quartale, sondern die nächsten Jahre gemeint." Schiefer wie Sievers sehen nur eine Lösung: Es braucht Pufferlager. Sonst seien Automobilindustrie und Chipbranche "nicht kompatibel", betont Sievers.

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