TÜV Süd steigert Umsatz, verliert aber Ertrag

Der Prüfkonzern TÜV Süd sieht sich wirtschaftlich auf Kurs. Um 7,3 Prozent wuchs der Umsatz der Münchner im abgelaufenen Geschäftsjahr, auf nunmehr 2,9 Milliarden Euro. Davon blieben 195 Millionen Euro als operatives Ergebnis (Ebit) hängen. "TÜV Süd hat sich zufriedenstellend entwickelt", konstatierte der neue Vorstandsvorsitzende Johannes Bussmann auf seiner ersten Bilanzpressekonferenz in München.

Doch die Freude ist nicht ungetrübt. Denn obwohl der Umsatz deutlich wuchs, lag das Ebit um 13,4 Prozent unter dem des Rekordjahres 2021. Die Umsatzrendite des Konzerns mit mehr als 26.000 Mitarbeitern schrumpfte von 8,1 auf 6,8 Prozent. Dies sei eine Folge der schwierigen politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen infolge der Corona-Pandemie und dem Krieg in der Ukraine, betonte Bussmann. Der Konzernjahresüberschuss beträgt 132,6 Millionen Euro nach 154,5 im Vorjahr

Angesichts der Umstände seien die 6,8 Prozent ein "stabiler Wert", sagte auch Finanzvorstand Matthias Rapp. "Wir haben ein robustes Geschäftsmodell." Das Umsatzwachstum sei organisch und von allen Geschäftsbereichen und Regionen getragen. Dies sorge auch in schwierigen Zeiten für eine stabile Entwicklung, ergänzte Bussmann.

Die drei Bereiche von TÜV Süd – Industrie, Mobilität und Zertifizierung – stehen jeweils für etwa ein Drittel des Umsatzes. Besonders das Geschäft mit Zertifizierungen ist mit elf Prozent überdurchschnittlich stark gewachsen (973,8 Millionen Euro). Die Mobilitätssparte kam auf ein Plus von 6,7 Prozent (945,0 Millionen Euro), der Bereich Industrie auf 4,2 Prozent (961,8 Millionen Euro).

Doch einige Klumpenrisiken gibt es: Mit Abstand wichtigster Markt bleibt Europa und hier vor allem der deutsche Heimatmarkt, in dem rund die Hälfte der Mitarbeiter beschäftigt ist. Drei Viertel des Umsatzes entfielen auf die Region Europa, so Rapp. Die Märkte Amerika und Asien blieben mit 177,2 und 517,3 Millionen Euro deutlich dahinter. Allerdings fiel hier das Umsatzwachstum mit 19 und 13 Prozent besonders hoch aus.

Zudem hängt der Mobilitätsbereich stark am Geschäft mit Fahrzeuguntersuchungen. Auf diese entfallen 80 Prozent des Spartenumsatzes. In Deutschland erzielte TÜV Süd hier ein leichtes Wachstum von 2,1 Prozent auf 6,1 Millionen Hauptuntersuchungen.

Ähnlich gestaltet sich die Lage beim großen Konkurrenten Dekra. Auch dieser hängt trotz einer intensiv vorangetriebenen Internationalisierung und Diversifizierung seiner Geschäftsbereiche nach wie vor stark am Heimatmarkt und dem Geschäft mit Hauptuntersuchungen. Genau wie bei TÜV Süd schlug sich auch bei Dekra ein deutliches Umsatzwachstum nicht in gleichem Maß beim Ebit nieder. Dort blieb von 3,8 Milliarden Euro Umsatz (plus 7,4 Prozent) ein Ebit von 226,4 Millionen Euro (plus 0,2 Prozent).

Nicht die einzigen Parallelen: Sowohl Dekra als auch TÜV Süd wollen in den kommenden Jahren massiv investieren und ihr Portfolio in den Bereichen Nachhaltigkeit und Digitalisierung ausbauen. Dazu soll auch die Zahl der Arbeitsplätze steigen. 153,8 Millionen Euro hat TÜV Süd 2022 in den Ausbau seiner Prüfinfrastruktur, neue Dienstleistungen und die Ausrichtung von Unternehmen und Portfolio auf Nachhaltigkeit investiert (Dekra 143 Millionen Euro).

Schwerpunkte beim Thema Nachhaltigkeit sollen die Wasserstofftechnologie und Offshore-Windenergie sein. Daneben sollen auch weitere Prüflabore für die E-Mobilität entstehen. "Für uns ist Technologieoffenheit oberstes Gebot", betonte Bussmann. Bis 2025 will TÜV Süd zudem selbst klimaneutral sein. "Nur wenn wir als Unternehmen selbst nachhaltig wirtschaften und glaubwürdig sind, werden wir auch für unsere Kundinnen und Kunden an erster Stelle stehen, wenn es um Nachhaltigkeit und entsprechende Dienstleistungen geht", sagte Bussmann.

Beim Thema Digitalisierung will TÜV Süd sich vor allem auf Lösungen zum Schutz vor Cyberattacken, der Überprüfung und Zertifizierung von KI-Anwendungen sowie auf Dienstleistungen zum autonomen Fahren fokussieren. Unter anderem habe TÜV Süd ein Qualitätsmanagementsystem für KI-Anwendungen entwickelt. Zu diesem gehöre auch der nach eigener Aussage weltweit erste Standard zu ethischen Aspekten von KI-Anwendungen. Daneben könne man schon jetzt "alle Leistungen rund um die Typgenehmigung autonomer und teilautonomer Fahrzeuge" anbieten, so Bussmann.

Rechtsrisiken rund um den Bruch eines Dammes in Brasilien kamen 2022 noch nicht zum Tragen. Das könnte sich 2023 ändern und zu erheblichen finanziellen Belastungen führen. Finanzchef Rapp kündigte zusätzliche Rückstellungen an. Über deren Höhe machte er keine Angaben. In der Bilanz des Jahres 2022 stehen bereits langfristige Rückstellungen von 87 Millionen Euro. Diese enthalten neben Rückstellungen für Jubiläen und Beihilfen für langjährige Mitarbeiter auch den langfristigen Teil der Vorsorgen in Zusammenhang mit dem Dammbruch in Brasilien. Rapp betonte aber, TÜV Süd habe "die Rechtsposition, dass wir in Brasilien gute Arbeit geleistet haben."