Als Rupert Stadler vor zweieinhalb Jahren zum Prozessauftakt in München-Stadelheim antreten musste, hatte er sich noch wortkarg und siegessicher gegeben. Dass der Ex-Audi-Chef jetzt doch ein Geständnis ablegt, zeugt von später Einsicht. Auch wenn diese wohl vor allem von dem in Aussicht gestellten Deal mit der Staatsanwaltschaft getrieben wurde, der ihm zumindest eine Haft erspart. Und wortkarg blieb er auch beim Geständnis: Mit einem kurzen "Ja"bestätigte er die von seiner Verteidigerin verlesene Erklärung.
Der Schritt war überfällig. Und bedeutet eine Zäsur. Zum ersten Mal räumt einer der CEOs eigene Verfehlungen beim Diesel-Skandal ein – und ermöglicht es, endlich einen Schlussstrich unter das unrühmliche Kapitel zu ziehen. Dass es dabei ausgerechnet Stadler trifft, erscheint zunächst überraschend. Schließlich warf ihm nicht einmal die Staatsanwaltschaft vor, Treiber oder gar Macher hinter dem Skandal zu sein. Und die eigentlich Verantwortlichen sehen Beobachter ohnehin eher in Wolfsburg als in Ingolstadt.
Zum Verhängnis wurde Stadler das Beharren nach dem Auffliegen des Skandals: Während VW-Konzernboss Martin Winterkorn 2015 sofort gehen musste, obwohl auch er keine Einsicht zeigte, hielt Stadler an seinem Posten an der Audi-Spitze fest. Und unternahm nach Einschätzung der Staatsanwälte auch viel zu wenig, um den Diesel-Betrug endlich abzustellen oder gar aufzuarbeiten. Genau das hat er in seinem Geständnis nun eingeräumt. Mehr auch nicht.
Dabei hat der Diesel-Skandal die Branche durcheinandergewirbelt wie kaum ein anderes Ereignis. Der Siegeszug, den die E-Mobilität seither erlebt, wäre ohne den Abgasbetrug wohl kaum vorstellbar gewesen. Die EU bläst mit immer strengeren Grenzwerten zum Abschied vom Verbrenner und treibt die Branche vor sich her. Das wäre früher bei dieser wichtigen Schlüsselindustrie wohl undenkbar gewesen.
Doch mit dem Auffliegen des Skandals haben nicht nur Audi und VW viel Reputation verspielt, sondern die ganze Branche. Entsprechend gering ist die Neigung der Politik, auf Einwände der Hersteller zu hören. Und die quälende Diesel-Aufarbeitung bremste den erforderlichen Neustart der Branche. Das Geständnis in München eröffnet nun die Möglichkeit, endlich nach vorn zu schauen.
Fast schon kurios wirkt, dass Stadler am Ende der einzige CEO sein könnte, der wegen des Diesel-Skandals verurteilt wird, wenn auch auf Bewährung. Winterkorn soll zwar in Braunschweig auch der Prozess gemacht werden. Doch sein Verfahren wurde aus gesundheitlichen Gründen abgetrennt, ob der 68-Jährige je vor Gericht muss, ist völlig offen. Am Ende könnte Stadler, der nicht einmal Ingenieur ist, die unrühmliche Rolle zufallen, als Gesicht des Diesel-Skandals in die Geschichtsbücher einzugehen. Fair ist das nicht. Aber wenigstens ein Schlussstrich.