Batteriezellproduktion in Europa kommt nicht in Fahrt

Michael Knauer

Die Batteriezellenproduktion in Europa kommt nicht in Fahrt und gefährdet damit den Ausbau der Produktion von Elektroautos. Hinzu kommt, dass in Großbritannien wegen der Brexit-Bestimmungen ab 2024 ein Zolltarif von zehn Prozent auf E-Autos droht, was besonders für deutsche Hersteller ein Problem darstellt. Der VDA schlägt Alarm.

Freitag, 14. Juli 2023, 12.38 Uhr

Foto: VW

Pilotlinie für Batteriezellen bei VW in Salzgitter: VW hat die Pläne von ursprünglich sechs europäischen Zellwerken aufgegeben. Erst 2035 soll entschieden werden, wie es weitergeht.

Die mit Milliardensummen der Steuerzahler unterstützte Batteriezellenproduktion bleibt weit hinter den Erwartungen zurück, mehr und mehr Gigafactory-Projekte werden auf die lange Bank geschoben. Das gefährdet den Ausbau der Produktion von Elektroautos.

Hinzu kommt, dass in Großbritannien wegen der Brexit-Bestimmungen ab 2024 ein Zolltarif von zehn Prozent auf E-Autos droht, was besonders für deutsche Hersteller nachteilig wäre. Denn 28 Prozent aller in Deutschland produzierten E‑Autos wurden 2022 auf die britischen Inseln geliefert.

Der Verband der Automobilindustrie (VDA) und der britische Verband SMMT drängen die europäische Politik deshalb, die Zollschranke erst 2027 einzuführen, um Zeit zu gewinnen für den Bau von weiteren Batterie-Gigafactories.

Bislang nur ein Viertel der geplanten Kapazitäten erreicht

Laut einer aktuellen Aufstellung des Europäischen Rechnungshofs vom 19. Juni erreichte die Batterieherstellung 2021 in der EU nur 16 GWh und damit ein Viertel der angekündigten Kapazität von 62 GWh. Bis 2030 geplant sind in der EU laut Angaben des Rechnungshofs Projekte mit einer Produktionskapazität von 714 bis 1200 GWh. Würden tatsächlich1200 GWh erreicht, könnten damit bis zu 16 Millionen E-Autos mit 75-kWh-Batterien ausgestattet werden.

Ob jedoch all diese Projekte realisiert werden, sei fraglich, so die EU-Prüfer. Hauptgrund für den zögerlichen Hochlauf in Europa sind die hohen Investitionsanreize in den USA für eine Batteriezellenfertigung durch den Inflation Reduction Act (IRA). Hinzu kommen stark steigende Preise für Energie und Rohstoffe. Zudem steigt das Risiko fehlender Materialien, warnt der EU-Rechnungshof: „Ab 2030 droht den EU-Herstellern eine Verknappung der Batterierohstoffe.“

Zahlreiche Projekte "risikobehaftet"

Die Nichtregierungsorganisation Transport & Environment befürchtet inzwischen, das zahlreiche der bis 2030 in Europa geplanten rund 50 Batterie-Produktionswerke nicht mehr realisiert werden (siehe Grafik im Datencenter). 68 Prozent des geplanten Volumens seien „risikobehaftet“, urteilt die Organisation in einem Report.

Tatsächlich überholten im Juni die USA erstmals Europa bei der Batteriezellenkapazität, wie jetzt das Analyseunternehmen Benchmark Mineral Intelligence ermittelte. Während demnach in den USA die Batteriekapazitäten seit dem Start der IRA-Förderung im Sommer 2022 um 60 Prozent auf 1190 GWh zugenommen haben, wuchs die Produktion in Europa im gleichen Zeitraum nur um drei Prozent auf 1170 GWh.

Aus dem Datencenter:

Geplante Batteriezellenproduktion in der EU von 2022 bis 2030