Mercedes hat neuen Chiplieferanten fürs MBUX

Rückschlag für Chiphersteller Nvidia: Rivale Qualcomm ist neuer Lieferant von Halbleitern für das Infotainmentsystem MBUX von Mercedes. Das bestätigten beide Unternehmen am Rande der IAA.

Die dritte Generation MBUX 3, das in diesen Tagen mit der neuen E-Klasse auf den Markt kommt, läuft demnach nicht auf Nvidia-Chips, sondern auf „Snapdragon Digital Chassis“-Lösungen von Qualcomm. Die beiden Vorgänger MBUX 1 und MBUX 2 basieren auf Chips des kalifornischen Lieferanten Nvidia. Wie eine Sprecherin von Mercedes bestätigte, wird auch der neue CLE das MBUX 3 mit Qualcomm-Chips bekommen.

Mit dem neuen MBUX 3 bekommen Kunden viele neue ­Features, die es bei den beiden Vorgängern so nicht gab. „Die neue Generation ist viel kom­plexer, Over-the-Air-Updates sind möglich, und wir können jetzt auch Drittanbieter-Apps spiegeln. Außerdem läuft das MBUX 3 auf einer Vorstufe des neuen Betriebssystems MB.OS“, sagt eine Sprecherin.

Konnte Nvidia diese neue Komplexität auf seinen Chips nicht abbilden, weshalb Mercedes sich jetzt Qualcomm ins Boot holte? Von Mercedes ist ein klares „Nein“ zu hören, an fehlender Performance lag es nicht. ­Woran dann? „Mercedes will sich vermutlich nicht komplett von einem Chiphersteller für Hochleistungschips abhängig machen, sondern eine weitere Tür auf­stoßen“, so ein Branchenkenner.

Außerdem, so ist aus Kreisen zu hören, hat Nvidia in seinen Partner-Verträgen zum MBUX mit Mercedes ein sogenanntes "Revenue-Sharing" vereinbart, Nvidia wird also am Umsatz beteiligt. Aus dieser Abhängigkeit wollten sich die Stuttgarter lösen, ist zu hören, denn angeblich ist Nvidia mit nahezu 50 Prozent beteiligt. "Zu viel Nähe", heißt es über die jetzt aufgelöste Partnerschaft zwischen Nvidia und Mercedes. "Diese Verträge mögen in der Chipindustrie üblich sein, in der Autoindustrie sind sie es nicht", so der Insider weiter.

Ob Nvidia auch "Revenue-Sharing" in der Partnerschaft für Fahrerassistenzsysteme vereinbart hat, ist unklar.

Nvidia lieferte bislang nicht nur Chips fürs Infotainmentsystem, sondern ist auch enger Partner bei der Entwicklung des autonomen Fahrens. „Das soll auch so bleiben, wir haben Ankündigungen gemacht, die wir einhalten“, so die Sprecherin. Erst im Februar hatten Mercedes-Chef Ola Källenius und Nvidia-Chef Jensen Huang eine intensive Zusammenarbeit bei der Entwicklung selbstfah­render Systeme auf dem neuen Mercedes-Betriebssystem MB.OS verkündet.

Inwiefern die Partnerschaft mit Qualcomm ausgebaut und womöglich auch eine zentrale Rolle bei der neuen MMA-Plattform spielen wird, dazu wollten sich weder Mercedes noch Qualcomm äußern. Insidern zufolge ist Qualcomm auch hier im Gespräch.

Cristiano Amon, der als Qualcomm-CEO den weltgrößten Chiphersteller leitet, hat mit dieser Partnerschaft einen weiteren Coup in der Autoindustrie gelandet. Vor allem bei Entwicklungen im Infotainmentbereich ist Qualcomm aktiv: Stellantis, Renault und VW setzen hier auf Chips der Amerikaner. BMW hat zudem ­eine noch engere Partnerschaft mit Qualcomm geschlossen: Die Münchner entwickeln mit Qualcomm gemeinsam sogar Software für das autonomen Fahren.