Elektrischer Packesel

Was ist klein, grün und huscht fast lautlos durch den Wald? Kein Frosch, keine Kröte, sondern das aCar des Münchner Start-ups Evum Motors. Die junge Firma bietet Kunden unter diesem Namen seit knapp zwei Jahren einen allradgetriebenen Elektro-Kleintransporter mit maximal 1200 Kilogramm Zuladung und bis zu 200 Kilometer Reichweite für Landwirtschaft und kommunale Aufgaben an. Das Fahrzeug benötigt dabei keine eigens installierte Wallbox, sondern soll sich bewusst im Einsatz an jeder Haushaltssteckdose laden lassen.

"Wir sind eine Lösung für den Last-Mile-Bereich. Unser Angebot ist das einzige Allrad-Elektrofahrzeug in diesem Segment", sagt CEO Martin Šoltés, der zusammen mit Sascha Koberstaedt als wissenschaftlicher Mitarbeiter die Idee für das aCar in einem Forschungsprojekt für die TU München entwickelte. Im Jahr 2017 gründeten beide das Spin-off Evum. Šoltés arbeitet seitdem entschlossen an der Industrialisierung des einstigen Forschungsprojekts.

Seit Anfang 2021 sind die Fahrzeuge auf der Website der Firma frei konfigurierbar und innerhalb von nur wenigen Monaten lieferbar. Rund 30 Millionen Euro Umsatz erzielt Evum so voraussichtlich in diesem Jahr. Šoltés: "Der Fokus in unserem Projekt lag ursprünglich darauf, ein Angebot für Schwellenländer zu entwickeln. Uns hat dann total überrascht, wie viele Kunden aus Europa auf uns zugekommen sind und am aCar interessiert waren."

Statt günstiger Komponenten aus China oder anderen asiatischen Ländern entwickelten Šoltés und sein Team das aCar mit europäischen Partnern. Die Zulieferer Continental, Mahle, Al-Ko und Mennekes liefern Teile für den Elektrotransporter, das Fahrwerk kommt von Bilstein. "Alles, was an einfachen Komponenten aus dem Regal bei Zulieferern verfügbar war, wollten wir für unser Projekt nehmen, um die Produktion zu vereinfachen", erklärt Šoltés.

Deswegen nutzt Evum den Elektromotor vom Renault-Kleinstwagen Twizy und ließ ihn dafür von Mahle in Stuttgart nach eigenen Anforderungen anpassen. Gefertigt werden die Fahrzeuge dann im niederbayerischen Bayerbach, unweit des größten europäischen BMW-Werks in Dingolfing.

Das Design des aCar ließ Evum sich bereits schützen. Weitere Patente für den kompakten, vielseitigen Kleinsttransporter sollen folgen. Schon jetzt steht dabei fest: Das Konzept des kompakten Elektro-Packesels überzeugt Investoren. Im Juni sicherte sich Evum eine Finanzierung in Höhe von fünf Millionen Euro von der Großbank UniCredit. Bereits 2022 kamen 12,5 Millionen Euro durch die Europäische Investitionsbank in Form eines Frühphasen-Kredits und weitere 7,5 Millionen frisches Kapital durch Bestandsinvestoren.

Aktuell bieten rund 250 Standorte in elf europäischen Ländern das aCar an. Frankreich soll zeitnah als Markt dazukommen. Großer Vorteil für Evum: Der Elektrotransporter ist vor allem für Kommunen und deren Mitarbeiter in Bereichen wie etwa Stadtreinigung und Forstwirtschaft spannend, die zunehmend Elektrifizierungsziele erreichen sollen. "Bis 2026 müssen die Kommunen 40 Prozent ihrer Flotte elektrifiziert haben. Der Markt für uns ist also da und wird weiter wachsen", sagt Šoltés.

Bei den für die Anschaffung neuer Fahrzeuge nötigen Ausschreibungen setzt sich Evum mit seinem Konzept und einem Basispreis für das aCar von 33.990 Euro oft durch. Auch, weil es schlicht und einfach an Wettbewerbern fehlt.

Šoltés sagt: "Wir sind in einer Nische unterwegs, speziell im Bereich kommunaler Anwendungszwecke. Viele Angebote von Wettbewerbern im Nutzfahrzeugbereich aus einer großvolumigen Produktion sind für die gezielten Bedarfe von Kommunen einfach gar nicht geeignet."

Evum hat weitere Pläne. Das aCar soll eine Variante mit Doppelkabine und vier statt der bisher zwei Sitzplätze erhalten. Auch das Team mit aktuell 150 Mitarbeitern soll größer werden. Bis zu 10.000 Fahrzeuge im Jahr könnten perspektivisch so an Kunden in Europa ausgeliefert werden.

Vom einstigen Forschungsprojekt, ein Elektrofahrzeug für Schwellenländer zu entwickeln, hat sich Šoltés zwar damit nicht verabschiedet, doch er gibt zu: "Für den afrikanischen Markt müsste der Preis unseres aCar zuerst deutlich sinken."

Aus dem Datencenter:

Entwicklung der reinen Elektroautos in Deutschland bis September 2023