Tiefer Riss zwischen Renault und seinen Partnern

Die Kluft zwischen Renault und seinen Partnern ist groß. Die vergangenen Monate haben tiefe Spuren in der Zusammenarbeit hinterlassen. Hinzukommen die branchenweiten schwierigen Rahmenbedingungen und Renault-spezifische Probleme.

„Das Jahr 2023 wird in die Renault- und Dacia-Geschichte eingehen, als das Jahr der größten Veränderungen der letzten Jahrzehnte“, sagte Hans-Werner Hauth, Präsident des Verbands Deutscher Dacia und Renault Partner, bei der Mitgliederversammlung in Bonn.

Hauth zählte nur die wichtigsten Aspekte auf:

• Netzkündigungen,
• neue Verträge,
• erhebliche Margenreduzierungen und
• große Lieferschwierigkeiten bei Ersatzteilen.

Zudem hat der Hersteller Mitbestimmungsrechte des Verbandes gestrichen. Wurden bislang die Ziele gemeinsam beschlossen, gibt sie nun der Hersteller vor.

„Im Vergleich zu diesem Jahr wollen wir um 20 Prozent wachsen“, sagte Michael Löhe, Vertriebsvorstand Renault Deutschland. Hinter verschlossenen Türen wird die Latte sogar noch höher gelegt: 80.000 Pkw seien das Ziel, so ein Händler. Damit würde das Plus deutlich über einem Fünftel liegen.

Für den großen Sprung sollen sechs neue Modelle sorgen: Grand Kangoo (März), Scenic E-Tech electric (April), Rafale Mai, Master und Captur (beide Juni) sowie DJB (Kompakt-SUV im C-Segment) und Renault 5 (beide September). „Das wird ein absolutes Produkt-Feuerwerksjahr“, sagte Löhe.

Aber viele Händler bleiben skeptisch und lassen sich nicht überzeugen: zu viele neue Modelle in zu kurzer Zeit. Hinzukommen die schwierigen Rahmenbedingungen. „Das hätten wir vor zwei Jahren gebraucht“, sagt ein Händler. Das sei zeitlich einfach nicht gut aufeinander abgestimmt.

Hauth, der als Diplomat trotz der tiefen Einschnitte in der Zusammenarbeit das Gespräch mit dem Hersteller sucht, zeigt statt Zukunftsvisionen die Realität auf.

Während der deutsche Gesamtmarkt bis Oktober deutlich zulegt (+13,5 Prozent), gingen die Renault-Neuzulassungen laut Kraftfahrtbundesamt um knapp sieben Prozent auf weniger als 54.000 Pkw gesunken. Das reicht gerade noch zu einem Marktanteil von 2,3 Prozent.

Dabei profitierte der Hersteller zumindest zum Jahresstart noch von vollen Orderbüchern. Mit Blick auf die aktuelle Entwicklung von Kaufaufträgen wird die Situation nochmals deutlich kritischer: „Teilweise höre ich von Kollegen die Prozentsätze zwischen 40 Prozent und 50 Prozent“, so Hauth.

Das bekommen die Partner vor allem im nächsten Jahr zu spüren. Die Händlerrendite 2023 prägten noch die Verkäufe aus dem vergangenen Jahr. „Für 2024 sehe ich eine Halbierung des Finanzergebnisses und das bei steigenden Struktur- und Personalkosten und den erforderlichen Investitionen“, sagte Hauth.

Dafür sorgen neben den schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen auch die neuen Verträge. Sie sollen ab Anfang Januar 2024 gelten, obwohl die Händler immer noch nicht alle Unterlagen haben.  So stehen zum Beispiel Details zum Schutz der Kundendaten und spezielle Standards zur Datennutzung weiter aus.

Für die Händler geht die Neuordnung des Renault-Vertriebs mit weiteren bitteren Einschnitten einher. Der Grundrabatt wurde auf sechs Prozent in etwa halbiert. Für Volumen (durchschnittlich 3 Prozent) und Qualität (bis zu 1 Prozent) gibt es Boni.

„Wir sind de facto zumindest in einem unechten Agenturmodell“, so Hauth. „Sechs Prozent Grundrabatt bei Renault und alle Kosten beim Handel.“ Die Renault-Partner hätten nur einen Vorteil: Sie würden selbstständige Unternehmer bleiben.

Mindestens genauso bitter stößt den Händlern die Reduzierung der Zahlungsziele für Neuwagen auf: Ab Januar werden sie bei Renault auf 30 Tage (Lagerfahrzeuge) bzw. 15 Tage (Kundenfahrzeuge) reduziert. Bei Dacia sind es sogar nur zehn Tage.

Das führt zu deutlich höheren Kosten und ein Umdenken bei den Partnern: Sie zögern mit der Bestellung. Das könnte Dacia bitter treffen: Denn der Dacia-Kunde in der Regel ins Autohaus und will laut Händler das Fahrzeug gleich mitnehmen.

Die finanziellen Einschnitte stoßen den Partner bitter auf, nicht zuletzt weil sie mit Problem des Herstellers einhergehen. „Die seit einem Jahr bestehende schlechte Versorgung mit Ersatzteilen führt nicht nur zur Unzufriedenheit der Händler und Werkstätten, sondern vor allem auch der Kunden“, so Hauth. „Sie müssen zum Teil Monate auf ihr Auto warten, ohne eine konkrete Aussage zu erhalten, wann die fehlenden Ersatzteile geliefert werden.“

Das trifft die Partner, nicht nur weil sie den Ärger ihrer Kunden zu spüren bekommen, sondern an der Bewertung durch die Kunden ihre Vergütung hängt.

Aus dem Datencenter:

Modellvorschau Renault 2023 bis 2026