Geht das Milliarden-Geschäft an Kfz-Betrieben vorbei?

Ohne Fahrzeugdaten läuft in Zukunft wenig. Entsprechend hart kämpfen Automobilhersteller, Händler und Dienstleister um den Zugriff auf die Daten. Nachdem bereits Anfang vergangenen Jahres EU-Kommissar Henry Breton den sektorspezifischen Regulierungsprozess lange ausgebremst hat, ist er nun erneut ins Stocken gekommen.

„Die Arbeiten zur Vorbereitung des Vorschlags für Fahrzeugdaten sind noch im Gange“, so eine Sprecherin der EU-Kommission gegenüber Automobilwoche. „Zum jetzigen Zeitpunkt können wir noch keinen Zeitplan für seine Annahme nennen.“

Ohne einen gleichberechtigten Zugriff auf die Fahrzeugdaten droht ein Milliarden-Geschäft an Autohäusern, Werkstätten und Dienstleistern vorbeizugehen. Sie seien „bestürzt über eine weitere berichtete Verzögerung bei der Verabschiedung des Vorschlags“, heißt es in einem Brief an EU-Chefin Ursula von der Leyen, der Automobilwoche vorliegt.

Mitte Dezember hat eine Allianz aus Organisationen und Verbänden von der Leyen aufgefordert, den Prozess weiter voranzutreiben. Kommt der Vorschlagsentwurf jetzt nicht weiter, verstreicht eine entscheidende Frist mit der Umsetzung der UNECE-Regelung 155 (Cyber Security) am 7. Juli 2024.

Die Uhr tickt. Denn bald ist Brüssel auf Wahlkampf ausgerichtet. Anfang Juni findet die Wahl zum europäischen Parlament statt. In den Wochen zuvor legt der Wahlkampf erfahrungsgemäß die Politik lahm, in den Wochen danach beginnt das große Tauziehen um die Machtverteilung.

Bis die Politik wieder im Normalbetrieb kommt, dürfte es Monate dauern. Zudem ist unklar, welche Rolle die sektorspezifischen Regelungen bei den künftigen Mehrheiten spielen.

Für Händler, Werkstätten, Versicherer, Überwachungsorganisationen und andere Dienstleister steht viel auf dem Spiel. Allein die Verluste für den unabhängigen Kfz-Ersatzteilmarkt könnten sich bis 2030 auf 26 Milliarden Euro summieren. Laut einer Studie des internationalen Dachverbands der Automobilclubs (FIA) würden sie sich bis 2050 auf 95 Milliarden Euro nahezu vervierfachen.

Die Fahrzeughersteller spielen dagegen auf Zeit. Sie profitieren vom aktuellen Zustand, die im Entwurf geplante Regulierung bedeutet für sie Einschränkungen. „Die Anforderungen der geplanten sektoralen Rechtsvorschriften entbehren einer Grundlage im öffentlichen Interesse“, kritisiert der europäische Herstellerverband ACEA. Sie würden weder Marktversagen verhindern noch den Wettbewerb fördern.

Stattdessen verweist der Herstellerverband auf die Risiken: Die geplanten sektoralen Vorgaben würden „erhebliche Probleme in Bezug auf die Cybersicherheit aufwerfen und die Fahrzeug- und Straßensicherheit gefährden.“ Dass Händler, Werkstätten und Dienstleister dies nicht so sehen, überrascht wenig.

Aus dem Datencenter:

Connected Devices und Connected Car - Bereitschaft, Daten zu teilen