Branchenexperten nehmen die Huthi-Angriffe zum Anlass, mehr Aufmerksamkeit für das Thema resiliente Lieferketten auf höchster Ebene einzufordern. "Das Thema Supply Chain gehört auf das Vorstandslevel. Die Schäden, die durch Störungen in den Lieferketten entstehen können, sind gewaltig", sagte Knut Alicke, Partner der Beratung McKinsey, im Gespräch mit der Automobilwoche. "Die geopolitischen Risiken nehmen weltweit zu." Unternehmen müssten in dieser Situation genau wissen, wie und wo sie betroffen sind. "Eine Transparenz über die eigenen Lieferketten herstellen, über die Abhängigkeiten und potenziellen Gefahren - das ist der erste Schritt, das Thema beherrschbarer zu machen." In einem zweiten Schritt sollten dann mögliche Szenarien und entsprechende Gegenmaßnahmen durchgespielt werden. "So vorbereitet, kann man im Ernstfall schnell reagieren", sagt Alicke.
Sven Dahlmeier, Senior Director bei Capgemini Invent für den Bereich Automotive, sieht durchaus erste Erfolge in der Autobranche, Lieferketten-Risiken besser zu managen. Vieles dazu wurde in der Corona-Zeit angestoßen. "Dazu zählen ein intensiveres Bestandsmanagement, also höhere Lagerbestände, eine breitere Versorgungsbasis, ein verbessertes, toolgestütztes Risikomanagement und eine agilere Anpassung an neue geopolitische Risiken."
Allerdings seien die Lieferketten in der Automobilbranche äußerst komplex und Veränderungen nicht über Nacht möglich. "Wir haben in einer aktuellen Studie ermittelt, dass nur etwa 32 Prozent der Unternehmen die Risiken ihrer Tier 2 monitoren, bei den Tier 3 und dahinter sind es nur sechs Prozent." Vielfach fehle es noch an Echtzeitdaten.
Dahlmeier sieht zwar noch Spielraum für mehr Lagerbestände und damit eine höhere Resilienz. "Dies bindet jedoch Budgets, die dann für Transformationsvorhaben nicht mehr zur Verfügung stehen." Daher sei dies keine skalierbare Maßnahme. Viel könne noch geschehen im Hinblick auf ein größeres Gewicht der Vor-Ort-Beschaffung (Nearshoring) und weniger Abhängigkeit von weit entfernten Lieferanten (Offshoring)."Der Ausbau einer lokalen und europäischen Kreislaufwirtschaft ist dabei ebenfalls zu berücksichtigen."
Aus dem Datencenter:
Umfrage zu den Auswirkungen auf die Lieferketten