Ohne Händler droht das Scheitern

Den Handel darf man in Deutschland nicht unterschätzen. Das bekommen immer mehr Neueinsteiger zu spüren. Sie müssen umdenken. So wechselt Elektroautobauer Fisker vom Direktvertrieb auf die Zusammenarbeit mit Händlern. "Ich glaube, wir sind diesen Weg gegangen, weil das jeder tut, wenn man ein Start-up ist", sagte Henrik Fisker der "Automotive News", dem Schwesterblatt der Automobilwoche. Aber hohe Zinsen, teure Immobilien und Fachkräftemangel setzen den Newcomern zu.

Das hat Fisker zum Start zu spüren bekommen. Zwar hat der Hersteller im vergangenen Jahr mehr als 10.000 Fahrzeuge produziert, aber nur etwa die Hälfte ausgeliefert. Das berichtet das "Wall Street Journal". Dem neuen Autobauer fehlten schlicht das Logistik-Know-how und die notwendigen Kapazitäten. Nun sucht Fisker jeweils 50 Händler für Europa und Nordamerika, wo die Gespräche mit den Partnern bereits laufen.

Auch andere Hersteller straucheln im Vertrieb und ändern ihre Strategie:

• Genesis: Die Premiummarke aus dem Hyundai-Konzern verkaufte 2023 in Deutschland deutlich weniger als 3000 Einheiten in Eigenregie. Im Sommer präsentierte die Marke ihre ersten Händler, Anfang 2024 sollte es mit dem neuen Vertriebskanal losgehen. Doch nun verzögert sich der Start.
• Aiways: Statt auf Autohändler baute der Hersteller in Deutschland auf Elektronikmärkte. Erfolglos. Vor Monaten kündigte Aiways an, künftig auf Partner im Autohandel zu setzen.
• Nio: 1200 Neuzulassungen im ersten Jahr. Da war mehr geplant. Ende 2023 musste Nio-Deutschland-Chef Ralph Kranz gehen. Gerüchten zufolge auch wegen der Vertriebsstrategie. Bislang macht der Hersteller alles selbst, doch spätestens mit der Einführung einer neuen Marke (Projekt Firefly) soll sich dies ändern.

Das Umdenken der Hersteller geht mit einer Verhaltensänderung beim Autokäufer einher. Der Trend zum immer selteneren Autohausbesuch hat sich gedreht. Laut einer aktuellen Untersuchung von Puls Marktforschung kommen Neuwagenkäufer in Deutschland im Durchschnitt 2,4-mal zum Händler. Dann erfolgen Kaufvertrag und Auslieferung. Zwei Jahre zuvor waren es noch 1,8-mal.

"Ich bin davon überzeugt, dass Automobilhändler das Beste noch vor sich haben", sagt Puls-Chef Konrad Weßner. Mehr noch: Flächendeckende Händler- und Servicenetze könnten zu einem stabilen Wettbewerbsvorteil etablierter Marken werden, wenn sie die modernen Autos, Ausstattungen und Mobilitätsangebote markenadäquat am Point of Sale zeigen, erklären und erlebbar machen. Entscheidend sei der nahtlose Übergang von on-und offline.

Aus dem Datencenter:

Umfrage zur Anzahl der Besuche im Autohaus vor Kauf - Dezember 2023