Porsches Experiment mit dem Macan

Der Premierenort ist kein Zufall. Um 15 Prozent ist der Absatz von Porsche in seinem über Jahre hinweg stärksten Markt China im vergangenen Jahr eingebrochen. Nach der Vorstellung des neuen Panamera in Schanghai hat der Sportwagenbauer nun Singapur für die Präsentation des elektrischen Macan gewählt. In Asien entscheidet sich, ob das Experiment, ein Verbrennermodell komplett durch ein elektrisches zu ersetzen, Erfolg haben wird. Dabei hat Porsche auch die Wachstumsmärkte wie Malaysia, Thailand oder Indonesien im Blick.

Es wirkt fast wie ein Appell, als Oliver Blume sich nach der Enthüllung des Modells an das Publikum wendet. Der neue Macan sei "cool und digital", dazu ein "echter Sportwagen". Vor allem das veraltete Infotainment dürfte bei den asiatischen Kunden, die in der Regel jünger und weiblicher sind als in Europa oder den USA, im vergangenen Jahr zu einer gewissen Kaufzurückhaltung geführt haben. Das können chinesische Marken inzwischen meistens besser, und in der Regel zu einem günstigeren Preis.

Auch auf das Design legen die Kunden aus Fernost großen Wert, weshalb ein Großteil der Premiere dem Auftritt nach außen gewidmet ist. Mit seinem noch bulligeren Äußeren bei deutlich verbesserter Aerodynamik soll der Macan in der Formgebung einen großen Schritt nach vorne machen. Porsche nutzt bewusst die "Singapore Art Week" für seine Präsentation, um seine Fahrzeuge als Luxusgüter der besonderen Art zu vermarkten. "Kunst ist heute überall", singt die aufgekratzte Moderatorin ins Mikrofon.

Über 800.000 Macan hat Porsche seit der Markteinführung vor zehn Jahren verkauft. Zusammen mit dem Cayenne ist es so etwas wie das Volumenmodell unter den Sportwagen. Ausgerechnet in einer Zeit des verlangsamten Hochlaufs der Elektromobilität wechselt Porsche nun auf den Batterie-Antrieb. Das Risiko ist also beträchtlich. Denn einerseits spielt sich der BEV-Markt in China bisher vor allem im niedrigeren Preis-Segement ab, weshalb sich auch der Taycan nur schleppend verkauft. Zum anderen muss Porsche den Verbrenner in Europa schon zum Sommer auslaufen lassen, weil er die neue Richtlinie für Cyber-Security der UNECE nicht erfüllen kann. 

Weil der elektrische Macan wegen der Software-Problematik im Volkswagen-Konzern mehr als ein Jahr verspätet ist, droht in diesem Jahr sogar eine Lücke im Absatz. Porsche hofft, dies durch eine intelligente Vertriebssteuerung kompensieren zu können. "Die EU-Verordnung ist nicht neu, sie ist uns seit langem bekannt und entsprechend haben wir uns frühzeitig in der Vertriebs- und Produktionsplanung darauf vorbereitet", so ein Sprecher. Unter anderem solle beispielsweise über einen gewissen Zeitraum verstärkt der europäische Markt bedient werden, bevor das Modell hier ausläuft. Auch der neue Panamera könnte für Entlastung sorgen.

Porsche braucht den neuen Macan aber, um seine ehrgeizigen Ziele beim Wechsel zur Elektromobilität zu erreichen. 2025 soll bereits die Hälfte der Neuwagen entweder nur mit Batterie oder als Plug-In-Hybrid ausgeliefert werden. 2023 kam Porsche mit dem Taycan auf einen BEV-Anteil von knapp 13 Prozent am Gesamtabsatz. Sollte der E-Macan auf ähnliche Stückzahlen wie der Vorgänger kommen, dann könnte der Anteil auf über ein Drittel gesteigert werden. Gegenüber der Automobilwoche hatte Produktionschef Albrecht Reimold bereits das Ziel ausgegeben, nach dem Hochfahren in Leipzig 80.000 Exemplare pro Jahr fertigen zu wollen und damit etwa so viele wie vom Verbrenner.

Viel hängt davon ab, wie der neue Macan im wichtigen Markt China und den umliegenden Wachstumsregionen ankommt, wo Konkurrenz und Preiskampf in Sachen Elektromobilität fast ruinösen Charakter annehmen. Rein technisch bleiben beim Macan kaum Wünsche offen. So ist die Reichweite mit bis zu 613 Kilometer für die Basisversion (84.100 Euro) nach WLTP im Vergleich zum Taycan deutlich gestiegen und kann sich in der SUV-Klasse mehr als sehen lassen. Und wer 114.600 Euro für den elektrischen Turbo hinlegt, der bekommt 639 PS und macht mit 1130 Newtonmeter auch so manche Sportwagen-Flunder nass. Mit der Launch-Control wird das Fahrzeug in 3,3 Sekunden auf Tempo 100 katapultiert, der Vortrieb endet hier erst bei 260, die Basisversion ist bei 220 km/h abgeregelt.

Auch beim Infotainment, das auf Googles Android Automotive und nicht etwa einem eigenen Konzern-Betriebssystem aufgesetzt ist, macht der Macan einen Sprung. So bekommt auch der Beifahrer einen Bildschirm und darf während der Fahrt Filme schauen, da beim Blick nach rechts vom Lenkrad aus nur eine schwarze Fläche erkennbar ist. Außerdem hat der Macan ein Head-Up-Display, das es in dieser Form bei Porsche noch nicht gab. Nicht zuletzt wurde auch die Sprachsteuerung verfeinert und erlaubt eine deutlich natürlichere Kommunikation. Ob die asiatischen Kunden diese dann auch verstehen, muss sich erst noch zeigen.

Aus dem Datencenter:

Absatz von Porsche 2016 bis 2022