So viel Geld will Mercedes durch den Verkauf der Autohäuser einsparen

Dem Mercedes-Vertrieb stehen grundlegende Veränderungen bevor. Wie im Januar bekannt wurde, sollen alle eigenen Niederlassungen in Deutschland in den nächsten Jahren an private Investoren verkauft werden. Betroffen sind davon rund 8000 Mitarbeitende an über 60 Standorten. Über den entsprechenden Vorstandsbeschluss hatte die Automobilwoche berichtet.

Durch den Schritt will Mercedes viel Geld einsparen, das aus Sicht der Unternehmensführung in Entwicklung und Produktion besser aufgehoben ist. Jetzt sickern erste Informationen durch, um welche Summen es sich konkret handelt. Wie die "Bild"-Zeitung mit Bezug auf Teilnehmer einer sogenannten "Geheimsitzung" in der Konzernzentrale berichtet, wären allein 800 Millionen Euro an Investitionen in die Standorte nötig, um sie auf den Stand der Mitbewerber zu bringen.

Bei dem Meeting im Saal Pullman, das am Montag stattgefunden haben soll, informierten demnach Vertriebsvorständin Britta Seeger und Personalvorständin Sabine Kohleisen die angereisten Niederlassungsleiter, Betriebschefs und Betriebsräte über die Verkaufsabsichten des Herstellers. Zusätzlich zu den Investitionen würden bei einem Verkauf auch die laufenden Kosten eingespart.

Den Informationen zufolge bezuschusst Mercedes zum Beispiel die Münchener Niederlassung in der Arnulfstraße mit 35 Millionen Euro pro Jahr. Die "Bild" zitiert einen Mercedes-Sprecher: "Die Elektrifizierung, Digitalisierung und stetig wandelnde Kundenbedürfnisse stellen neue Anforderungen an den zeitgemäßen Vertrieb." Mercedes bevorzugt für den Verkauf ein Bieterverfahren unter Automobil-Handelsgruppen.

"Um unsere konzerneigenen Autohäuser noch besser für eine erfolgreiche Zukunft aufzustellen und dort langfristig Standorte und Arbeitsplätze zu sichern, müssen sie sich grundlegend weiterentwickeln", hieß es im Januar in einem Strategie-Papier, das der Automobilwoche vorlag. Weil bis Ende 2029 eine Beschäftigungssicherung gilt, muss der Betriebsrat den Verkauf jedoch mittragen – und hat bereits Widerstand angekündigt. Käufer müssten der Belegschaft zudem vergleichbare Bedingungen bieten.

Betriebsratschef Ergun Lümali sagte im Interview mit der Automobilwoche: "Die Gespräche zwischen Unternehmensleitung, Gesamtbetriebsrat und Niederlassungskommission werden umgehend starten. Dabei ist unser Ziel, das Unternehmen zum Umdenken zu bewegen und überzeugen zu können, dass es sinnvoller ist, die Niederlassungen zu halten." Bis zur Sommerpause 2024 sollen die Rahmenbedingungen mit dem Betriebsrat ausgehandelt werden. "Aber wir lassen uns nicht unter Druck setzen", warnte Lümali.

In der Branche ist es ein offenes Geheimnis, dass die eigenen Standorte im Vergleich weniger produktiv sind als die Autohäuser des Handels. Experten gehen davon aus, dass sich wegen ungünstiger Kostenstrukturen nicht für alle Mercedes-Standorte Abnehmer finden werden. Sollte sich kein Käufer für einen Standort finden, soll dieser den Informationen zufolge in den Händen des Herstellers bleiben.

Aus dem Datencenter:

Kfz-Betriebe in Deutschland von 2014 bis 2023