So will Mercedes wieder mehr Autos verkaufen

Fünf Prozent Wachstum beim Absatz pro Jahr. Neben allem Fokus auf Preisdurchsetzung und den Verkauf höherwertiger Fahrzeuge war auch das ein Kernelement der Luxusstrategie, die Mercedes-Chef Ola Källenius zusammen mit Finanzchef Harald Wilhelm im Jahr 2022 ausrief.

Doch während das Unternehmen in den vergangenen Jahren prächtig verdient hat und die Preise pro Fahrzeug deutlich erhöhen konnte, stagniert das Volumen. Mit 959.700 abgesetzten Einheiten lag das erste Halbjahr 2024 rund sechs Prozent unter dem Vorjahreszeitraum, auch wenn es im Vergleich zum ersten Quartal bergauf ging.

Das war schon mal anders. Bis zum Jahr 2019 ging es für Mercedes praktisch ununterbrochen nach oben. Zehn Prozent Zuwachs waren keine Seltenheit. 2,34 Millionen Fahrzeuge wurden auf dem Höhepunkt verkauft. Seit der Corona-Pandemie hat sich dieser Trend jedoch umgekehrt. Auch 2024 wird Mercedes wohl wieder um die zwei Millionen Autos mit Stern an Kunden übergeben und ist damit auf den Stand des Jahres 2016 zurückgefallen.

Stagnation – seit vielen Jahren schon. Der Verlust von Marktanteilen ist zum Teil einkalkuliert und bewusst in Kauf genommen. Ansonsten würden Rabatte fällig, die wiederum zu Lasten der Marge gehen. Zum Teil hat Mercedes aber einfach mit einer schwachen Nachfrage nach Fahrzeugen mit dem Stern zu kämpfen. So ging beispielsweise die Nachfrage im Heimatmarkt Deutschland im ersten Halbjahr 2024 um 16 Prozent zurück, in Nordamerika waren es drei Prozent.

Im wichtigsten Markt China tritt Mercedes seit Jahren auf der Stelle, obwohl gerade hier vor 2020 Wachstumsraten von bis zu einem Drittel pro Jahr nicht selten waren. „Aber auch nach Ende der Pandemie ist die Zuversicht der Verbraucher nicht zurückgekehrt“, urteilt Källenius in einer Telefonkonferenz mit Journalisten zu den Halbjahreszahlen 2024.

Luxusfahrzeuge haben es derzeit in China schwer, hochpreisige Elektroautos sowieso. Die Chinesen halten ihr Geld zusammen, was auch mit der Immobilienkrise zu tun hat. „Wir gehen davon aus, dass es über das Jahr hinaus bei einer Seitwärtsbewegung bleibt“, so Källenius.

Auch das Top-End-Segement, in dem Mercedes vor allem zulegen will, bleibt davon nicht verschont. So verzeichnete die S-Klasse in nahezu allen relevanten Märkten deutliche Rückgänge. Für Källenius liegt die S-Klasse aber noch im Bereich der üblichen Wellenbewegungen innerhalb des Lebenszyklus, zumal die Marktanteile in diesem Segment gegenüber Wettbewerbern verteidigt worden seien.

Die S-Klasse ist bei Neuauflage und Facelift meist sehr populär, in den Jahren danach geht die Nachfrage aber mitunter schnell zurück. Dass auch die elektrischen Modelle wie EQS oder EQS SUV hinter den Erwartungen zurückbleiben, ist hinlänglich bekannt.

Stattdessen sollen die neuen Impulse nun von unten kommen. „Wir haben die Ambition zu wachsen“, stellt Finanzchef Wilhelm nochmals klar – und setzt auf die Produktoffensive der kommenden Jahre. So wird ab 2025 das komplette Kompaktwagen-Angebot erneuert, mit Fahrzeugen auf der MMA-Plattform.

Den Auftakt macht der CLA, danach folgen in kurzen Abständen CLA Shooting Brake, GLA und GLB. Alle Fahrzeuge können sowohl elektrisch mit großen Reichweiten fahren als auch mit modernen Verbrenner-Motoren.

Danach kommen dann elektrische C-Klasse und GLC, die auf der ebenfalls neu konzipierten Plattform MB.EA stehen und wie die Kompaktwagen schon das neue Betriebssystem MB.OS an Bord haben. „Damit haben wir die Munition, um uns neue Wachstumspotenziale zu erschließen“, sagt Wilhelm.

Angesichts der Produktoffensive kann Källenius auch die Kritik eines Analysten am vermeintlich veralteten Modellangebot nicht verstehen. Man habe das jüngste Portfolio aller relevanten Wettbewerber, betont Källenius. In den nächsten Jahren gehe es Schlag auf Schlag. „Das Alter des Portfolios ist sicher nicht das Hauptthema."