VW: Nach drei Stunden bleibt die entscheidende Frage unbeantwortet

Der erste Showdown im Schloss brachte keine Einigung: Die VW-Spitze und die Vertreterinnen und Vertreter der Arbeitnehmerseite haben ihre erste Gesprächsrunde am Mittwoch in Hannover nach gut drei Stunden ohne konkrete Beschlüsse beendet. Zugleich zeigte sich, wie verhärtet die Fronten sind.

VW-Betriebsratschefin Daniela Cavallo sagte hinterher laut einer Mitteilung, von VW sei nur "ein stundenlanges Klagelied über die harte Wettbewerbssituation" gekommen. Arne Meiswinkel, Personalvorstand der Kernmarke Volkswagen und Verhandlungsführer auf VW-Seite, betonte, die Arbeitskosten müssten gesenkt werden. VW brauche eine "nachhaltige Kostenentlastung und eine zukunftsfeste Struktur unserer kollektiven Arbeitsbedingungen im Haustarifvertrag".

Beide Seiten hatten zuvor rund drei Stunden hinter verschlossenen Türen miteinander verhandelt. Auf Arbeitnehmerseite führten Niedersachsens IG-Metall-Bezirksleiter Thorsten Gröger und VW-Betriebsratschefin Cavallo die Gespräche. Für Volkswagen erschien der laut Protokoll bestimmte Personalvorstand Meiswinkel. 

CEO Oliver Blume und Markenchef Thomas Schäfer nahmen trotz der ernsten Situation und der Bedeutung der Gespräche für die weitere Situation bei VW nicht am Verhandlungsauftakt teil. Da es formell um eine Neugestaltung des Haustarifvertrags geht, waren beide dazu aber auch nicht verpflichtet.

Nach der ersten Runde im Schloss Herrenhausen ist völlig offen, ob sich beide Seiten bis Ende November auf einen neuen Haustarifvertrag einigen werden. Dieses Datum hatte sich Konzernchef Blume gewünscht, aber auch Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD), der zugleich VW-Aufsichtsrat ist. 

Die VW-Seite lehnte offiziell die Forderung nach Entgelterhöhung durch IG Metall und Betriebsrat ab. Die sieben Prozent Plus – Gewerkschaftsforderung für die gesamte Metall- und Elektroindustrie in diesem Jahr – sind bei den VW-Verhandlungen ohnehin eher symbolischer Natur. Obwohl es eine turnusgemäße Tarifrunde ist, geht es um viel mehr. 

Das VW-Management will laut IG Metall eine Minusrunde. Was die Arbeitnehmerseite jedoch vor allem vermisst: Was das Management überhaupt plant, in welcher Größenordnung Personal gebaut werden soll.  "Weder Werke noch Beschäftigtenzahlen wurden von Seiten Volkswagens benannt", sagte IG-Metall-Mann Tröger. 

Bislang kursieren nur unbestätigte Zahlen: Immer wieder ist von zwei gefährdeten Standorten die Rede. Ein Bericht über einen Abbau von 30.000 Stellen mittelfristig dementierte VW.  

Vor Beginn der Verhandlungen demonstrierten 3000 VW-Beschäftigte vor dem Tagungsort Schloss Herrenhausen. Gröger und VW-Betriebsratschefin Cavallo sprachen zu den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.

"Bei Volkswagen wird niemals der Turbo-Kapitalismus Einzug halten. Sondern bei Volkswagen haben die abhängig Beschäftigten, ihre Familien und Standortregionen immer ein starkes Gewicht", so Cavallo in ihrer Rede, die von Applaus unterbrochen wurde.

VW-Vorstand Meiswinkel hatte hingegen vor dem Start der Gespräche in Hannover erneut auf die schwierige Situation bei der Kernmarke hingewiesen. "Wir müssen gemeinsam unser Unternehmen restrukturieren. Die Situation ist ernst", sagte der erfahrene Personaler in seinem Eingangsstatement.

In seiner Regierungserklärung im Niedersächsischen Landtag hatte Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) nur wenige Kilometer entfernt vom Tagungsort parallel beide Parteien in die Pflicht genommen, zügig einen gemeinsamen Zukunftsfahrplan zu erarbeiten und dabei auf öffentliche Attacken zu verzichten.

"Volkswagen braucht jetzt Lösungen sehr viel mehr als öffentliche Erklärungen. Deswegen mache ich keinen Hehl daraus: Ich hätte eine solche Kommunikation nicht gebraucht! Volkswagen braucht Gespräche, Volkswagen braucht kluge Konzepte, aber Volkswagen braucht keinen weiteren öffentlichen Schlagabtausch", so Weil in seiner Rede vor den Landtagsabgeordneten in Hannover.

Den von Seiten der VW-Spitze geplanten Werksschließungen in Deutschland erteilte der Ministerpräsident erneut eine klare Absage: "Als Landesregierung legen wir großen Wert darauf, dass alle Möglichkeiten geprüft und für eine Verbesserung der Kostensituation genutzt werden.

Eine Schließung von Standorten sehen wir allerdings sehr kritisch. Industrielle Strukturen, die einmal aufgegeben werden, sind für immer verloren, dessen müssen sich alle Beteiligten bewusst sein. Deswegen gibt es die klare Erwartung, die gemeinsamen Ziele durch andere, intelligentere Optionen zu
erreichen."