Bosch-Chef Stefan Hartung hat den Abbau von 5550 weiteren Stellen im Konzern verteidigt. „Wir stehen unter erheblichem Kostendruck und müssen unsere Strukturen nochmals überdenken, um unsere Kapazitäten auszulasten“, sagte Hartung im Interview mit der Automobilwoche.
So werde die Bosch-Gruppe insgesamt das Renditeziel von fünf Prozent in diesem Jahr nicht erreichen. „Wir schaffen vier Prozent maximal, bei Bosch Mobility werden wir auf einem ähnlichen Niveau liegen.“ 2024 sei schlechter gelaufen als die ohnehin schon vorsichtigen Prognosen.
Herr Hartung, Bosch hat nochmals einen Stellenabbau angekündigt. Warum?
Ja. Auch wir können uns der Realität nicht entziehen. Die Mobilitätsbranche befindet sich in einer tiefgreifenden Transformation. Wir müssen unsere Wettbewerbsfähigkeit erhalten, denn nur dann können wir weiterhin in dem Maße Zukunftstechnologien wie Siliziumkarbid, automatisiertes Fahren oder Elektromobilität finanzieren. Das sind Vorleistungen, die wir nur als profitables Unternehmen stemmen können.
Wo wird gekürzt?
Leider in verschiedenen Geschäftsbereichen und Standorten aufgrund von unterschiedlichen, starken Veränderungen bei Wettbewerbs- und Marktbedingungen. Beispielsweise entwickelt sich die Nachfrage nach intelligenten Fahrerassistenzsystemen und Lösungen zum automatisierten Fahren nicht so wie prognostiziert. Aktuell werden viele Projekte in diesem Geschäftsfeld von den Automobilherstellern zurückgestellt oder aufgegeben.
Und das bedeutet?
Im Geschäftsbereich Cross-Domain Computing Solutions ist die wirtschaftliche Situation daher deutlich angespannter als noch vor ein paar Monaten. Wir müssen unsere Strukturen dort weiter anpassen und weltweit Stellen reduzieren. Auch im Hildesheimer Werk lässt sich eine Anpassung nicht vermeiden – das hat vor allem mit dem verlangsamten Hochlauf der Elektromobilität zu tun, was zu einem Personalüberhang führt. Wir sind gezwungen, uns wettbewerbsfähiger und flexibler aufzustellen, um den Bestand des Werks zu sichern.
Aber das ist nicht alles, oder?
Und in Schwäbisch Gmünd, wo wir Lenksysteme fertigen, haben wir es mit einem verschärften Wettbewerbs- und Preisdruck zu tun. Hier geht es vor allem darum, Lenksystem international zu wettbewerbsfähigen Preisen anbieten zu können. Dazu müssen wir Funktionen bündeln und Kosten senken, was zu weiteren Personalanpassungen am Standort in den Jahren 2027 bis 2030 führt.
Das hört sich nach harten Zeiten für die Beschäftigten an.
Jede Anpassung ist schmerzhaft. Wir können viel über die Demografie abfedern und versuchen, erforderlichen Stellenabbau so sozialverträglich wie möglich zu gestalten. Und andere Unternehmen suchen nach wie vor qualifizierte Mitarbeiter, das birgt auch Chancen.
Wann wird es wieder besser?
Wir sehen auf dem Automobilmarkt derzeit große Kaufzurückhaltung und wenn es um die Antriebstechnik geht eine Verschiebung der Präferenzen, weg von der Elektromobilität, hin zu Plug-In-Hybriden und sogar zu modernen Verbrennern. Das geschieht weltweit, auch in China, wo der Markt nicht mehr stark wächst und jetzt ein immenser Preiskampf herrscht. Deutliche Volumensteigerungen bei den Verkäufen wird es erst dann wieder geben, wenn das Hemmnis im Kopf der Kunden weg ist. Das ist eher eine psychologische als eine technische Frage.
Wo steht Bosch am Ende des Jahres?
Im Mobility-Bereich werden wir ein Umsatzwachstum ausweisen können, wenngleich es deutlich weniger ist, als wir noch zur Jahresmitte gedacht haben. Daher werden wir auch unsere Rentabilitätsziele von fünf Prozent Marge für die Bosch-Gruppe insgesamt nicht erreichen. Wir schaffen vier Prozent maximal, bei Bosch Mobility werden wir auf einem ähnlichen Niveau liegen. Wir stehen unter erheblichem Kostendruck und müssen unsere Strukturen nochmals überdenken, um unsere Kapazitäten auszulasten. 2024 ist schlechter gelaufen als unsere ohnehin schon vorsichtigen Prognosen. Und 2025/26 wird die Erholung langsamer kommen als prognostiziert.
Sie wollten 2026 eine Rendite von sieben Prozent erreichen, ist das noch haltbar?
Ja, wir arbeiten hart daran, unsere Zielrendite 2026 zu erreichen. Es wird deutlich anspruchsvoller als erwartet, auch wenn wir davon ausgehen, dass wir ab 2026 wieder etwas Wachstum sehen werden. Es ist schon sehr ungewöhnlich, dass wir – wie aktuell – nicht nur eine Stagnation in der Automobilindustrie erleben, sondern gleichzeitig auch bei Hausgeräten, in der Gebäudetechnik und bei Werkzeugen. Normalerweise hilft unsere breite Aufstellung. Wir hoffen, dass sich zumindest der Konsum etwas früher wieder erholt, dann vielleicht die Industrie und danach die Gebäudetechnik.