Tesla stürzt ab – und alle zeigen auf Elon Musk. Doch der exzentrische Milliardär ist nicht die Wurzel des Problems, sondern nur der Turbo der Krise. Jetzt wäre der Moment für einen Kurswechsel – ohne Musk.
Musk hat Tesla groß gemacht. Jetzt braucht die Marke eine neue Führung. Dann könnte sie ein im besten Sinne normaler Autobauer werden, meint Micha Gebhardt.
Minus 76 Prozent gegenüber dem Vorjahr bescheinigen die Februar-Zulassungszahlen des KBA dem einstigen Überflieger Tesla, in einem wachsenden Markt, wohlgemerkt.
In Zahlen: 1.429 Fahrzeuge oder vier Prozent des deutschen E-Auto-Geschäfts. Vor einem Jahr waren es noch 22 Prozent. Ein herber Absturz für die Marke, die noch vor gar nicht allzu langer Zeit die Statistiken anführte.
Die schlechten Zahlen passen gut zur allgemeinen Gefühlslage. Elon Musk, der ohne zu blinken nach rechts abgebogen ist und nun scheinbar im Autopilot-Modus Präsident Trump hinterherfährt, bringt viele ehemalige Fans gegen sich auf.
Prominente verkaufen medienwirksam ihre Teslas, vor den Stores spielen sich tumultartige Szenen ab, in den USA gibt es Aufrufe, Teslas anzuzünden. Nur: Über die, die den Sinneswandel gut finden, und jetzt überlegen, einen Tesla zu kaufen, spricht niemand.
Musk ist der Sündenbock, der die Krise des Autobauers aktuell beschleunigt, wie der irrwitzige Plaid-Modus seine Fahrzeuge. Die eigentlichen Probleme liegen freilich tiefer: Die Modellpalette ist veraltet, das Geschäft konzentriert sich um Grunde auf Model 3 und Y; Letzteres wurde gerade überarbeitet und kommt nun erst aufgefrischt zu den Kunden.
Das zumindest hierzulande wichtige Flottengeschäft missachtet die Marke sträflich, genauso wie den Wunsch der Kunden nach einem flächendeckenden Händler- und Werkstattnetz.
Vor allem aber ist Tesla nicht mehr allein. Die Early Adopters, die vor fünf, zehn Jahren vorn dabei sein wollten, mussten quasi zu Tesla greifen. Heute ist die Konkurrenz der etablierten Hersteller groß und selbst für Individualisten finden sich, vor allem aus China, zahlreiche neue Marken.
Die haben Tesla inzwischen technisch oftmals überholt. Verlangt die Musk-Marke für die sogenannte "Full-Self-Driving"-Funktion, die nach wie vor nur eine Level-2-Autonomie bietet, rund 8000 Euro, hat BYD jüngst angekündigt, zukünftig alle Fahrzeuge serienmäßig mit autonomen Fahrfunktionen auszustatten.
Stella Li, die Europa- und USA-Chefin von BYD, nutzt die Schwäche von Tesla jetzt geschickt aus, und bot den Amerikanern eine Zusammenarbeit an. Dass Musk das Angebot annimmt - unwahrscheinlich.
Auch wenn Musk nicht allein für die Probleme Teslas verantwortlich ist: Er täte aber gut daran, die Entscheidung über eine BYD-Kooperation jemand anderem zu überlassen und seinen CEO-Stuhl zu räumen. Für die Marke wäre jetzt die Chance, vom IT-Start-up zum normalen Autobauer zu werden.
Die Basis dafür hat Musk geschaffen, die Fahrzeuge sind effizient, die Produktion ist schlank, die Preise bezahlbar. Eine neue Führung könnte, mit einer guten Produkt-Strategie, Marketing- und Vertriebs-Expertise und ja, vielleicht auch mit Partnerschaften, Tesla wieder voranbringen.
Dass sich Berkshire Hathaway wieder als wertvollstes Unternehmen vor Tesla geschoben hat, ist nicht schlimm. Im Gegenteil: Die in den vergangenen Jahren völlig abgehobene Bewertung als Software-Schmiede braucht dringend eine Korrektur.
Bleibt zu hoffen, dass auch Musk das einsieht, und wenn es – das dürfte ihn am meisten überzeugen – aus egoistischen Gründen ist: Sein Vermögen, zum Großteil in Form von Tesla-Aktien gehalten, schrumpft derzeit täglich um mehrere Milliarden Dollar. Schon in wenigen Tagen, so haben es Experten von Forbes berechnet, könnten ihn Mark Zuckerberg und Jeff Bezos als reichsten Mann der Welt ablösen.
