"Ein Angriff, bei dem jetzt Schluss ist!"

Die Arbeitnehmervertretung des Zulieferers ZF Friedrichshafen macht Druck. Die Mitarbeiter fürchten, dass es zu Entlassungen kommen könnte. Der ZF-Vorstand müsse gegensteuern und alles dafür tun, um Entwicklung und Produktion besser auszulasten. "Wir sehen noch nicht, dass dem so ist", sagte der Vorsitzende des Gesamtbetriebsrats Achim Dietrich im Gespräch mit der Automobilwoche. "Wenn es am Ende des Tages ein Delta gibt, dann bekommen wir die Lücke entweder geschlossen oder es müssen Mitarbeiter abgebaut werden."

Die schwierige Lage der Zulieferbranche insgesamt ist ihm durchaus bewusst: "Die Zulieferindustrie hat es derzeit mit einem Giftcocktail zu tun. Doppelinvestitionen in alte und neue Technologie, verunsicherte Autokunden oder die unsäglichen Handelshemmnisse", führt Dietrich die Probleme auf. "Vermutlich würde ein Anteil dieses Cocktails schon reichen, um die Branche vor schwere Herausforderungen zu stellen."

Dietrich ist bewusst, dass der ZF-Vorstand auf viele Faktoren keinen Einfluss hat. "Uns geht esals Arbeitnehmervertretung darum, wie wir es schaffen, gemeinsam in eine Richtung zu gehen, um in der aktuellen wirtschaftlichen Situation das Schlimmste zu verhindern."

Skeptisch sieht er das geplante Werk in Eger. "Wenn in Ungarn ein Getriebewerk entsteht, in dem baugleiche Getriebe wie in Saarbrücken gebaut werden sollen und wo es nur um Kostenaspekte geht, dann ist das aus meiner Sicht kontraproduktiv", kritisiert der Gewerkschafter. "Das ist ein Angriff, bei dem wir sagen: ‚Jetzt ist Schluss!‘ In einer Phase von Überkapazitäten wollen wir nicht, dass im Konzern zusätzliche neue Kapazitäten entstehen, die uns dann das Leben an den Standorten schwer machen, die schon jetzt nicht ausgelastet sind."

Unzufrieden ist er auch mit den Planungen des Konzerns im Bereich Forschung und Entwicklung. ZF hat in Indien ein Technologiecenter eröffnet, in dem bis 2020 rund 2500 Ingenieuren beschäftigt werden sollen. "Als Begründung wurde ursprünglich genannt, dass man hierzulande nicht genügend Fachkräfte bekommt", so Dietrich. Doch die Situation habe sich verändert und Entwicklungsprojekte würden zurückgefahren. "Was uns aufstößt, ist jetzt das Argument der Unternehmensführung, dass die Fachkräfte in Indien billiger sind. Wenn unsere Entwickler ständig zu hören bekommen, ihr seid zwar gut, aber zu teuer, kommt das natürlich nicht so gut an."

Falls es doch zu einem Stellenabbau bei ZF kommen sollte, sei die Arbeitnehmervertretung bereit, den Widerstand zu verstärken. Dann "würden noch deutlich mehr Mitarbeiter auf die Straße gehen. Dann könnte es auch sein, dass man nicht zum ZF-Forum marschiert, sondern zum Eigentümer, der Stadt Friedrichshafen. Die hat mit dem Rathausplatz auch einen schönen Ort. Und wir würden den Oberbürgermeister dann fragen, ob das seine Politik ist. Denn der Eigentümer bestimmt den Vorstand und damit auch die Strategie."

Aber Dietrich hat noch Hoffnung. "Sollten wir erkennen, dass alles dafür getan wird, hierzulande möglichst viele Arbeitsplätze zu erhalten, dann glaube ich, ist der Konflikt auch beigelegt."

Der oberste Arbeitnehmervertreter bedauert, das Klima im Unternehmen habe sich verschlechtert. "Wir haben bei ZF bislang eine Kultur gehabt, bei der es belohnt wurde, wenn Dinge offen angesprochen wurden." Bei hierarchiefreien Diskussionen sei es um die Frage gegangen, "wer findet die beste Lösung und wie gehen wir miteinander um? In letzter Zeit haben wir des Öfteren die Erfahrung gemacht, dass Kritik nicht so gern gehört wird."

Seit der TRW- und der laufenden Wabco-Übernahme müsse ZF zudem anders berichten als in der Vergangenheit. "Das heißt, bei uns gibt es jetzt Quartalsberichte und wir werden über die Frage des Ratings relativ schnell belohnt oder bestraft." Das führe natürlich zu einer Kulturveränderung im Unternehmen, weil der Vorstand daran arbeite, ein gutes Rating zu erhalten. "Wir sind halt nicht nur der Stiftung gegenüber rechenschaftspflichtig, sondern auch unseren Geldgebern gegenüber. Und so lange wir Schulden haben, ist die Nervosität größer, als wenn wir gut ausfinanziert, schuldenfrei und eine hohe Eigenkapitalquote haben."

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