Audi baut je eine Plattformen für Verbrenner und Elektroautos. So soll die Qualität in beiden Welten steigen. Am große Hoffnungsträger für die Zukunft wird auch schon gearbeitet.
Audi Q6 e-tron: Das Elektro-SUV basiert auf der PPE-Plattform.
Früher war die Welt der Fahrzeug-Plattformen einfach. Audi baute über lange Zeit Autos auf zwei Plattformen: dem Modularen Längsbaukasten (MLB) und dem Modularen Querbaukasten (MQB). Einmal war der Motor längs eingebaut, einmal quer. Abermillionen Benziner und Diesel wurden auf diese Weise produziert.
Doch fast alles verändert sich im Zuge der Elektromobilität und Digitalisierung. Autobauer brauchen andere Plattformen, die die neuen Technologien mitbringen und noch mehr können.
Bei Audi vollzieht sich dieser Wandel in drei Schritten: Zunächst hat der Premiumhersteller die VW-Konzernplattform Modularer E-Antriebs-Baukasten (MEB) übernommen. Damit bauen die Ingolstädter kleinere Stromer wie A3 oder A2.
Der größere Wurf lautet Premium Platform Electric, kurz PPE. Die Plattform ist jetzt mit dem Q6 e-tron gestartet. Sie ist Basis der elektrischen Modellpolitik der nächsten Jahre. Und im gleichem Atemzug wurde auch eine Plattform für Modelle mit Verbrennungsmotor neu aufgesetzt.
Die PPE-Plattform ist die Basis für die aktuellen Elektro-Modelle von Audi. Auf ihr basieren unter anderem der Q6 e-tron und der kommenden A6 e-tron.
Verbrenner wie den A5 oder den Q5 fertigt Audi aktuell auf der parallel zu PPE laufenden Premium Platform Combustion, die – wie könnte es anders sein – ein Kürzel aus drei Buchstaben hat: PPC.
Und das ist immer noch nicht alles: CEO Gernot Döllner lässt schon an der Elektro-Plattform der nächsten Generation arbeiten: die Scalable Systems Platform – SSP. Sie soll Ende des Jahrzehnts das Laufen lernen.
Das Augenmerk gilt aktuell der PPE. Der Q6 e-tron, jüngst enthüllt, ist Audis erstes Serienauto auf Basis der reinen E-Auto-Architektur. Die Plattform entwickelten die Ingolstädter mit Porsche.
Dahinter verbirgt sich eine Skateboard-Architektur, wie sie sich im E-Bereich gerade durchsetzt. Die große flache Batterie sitzt zwischen den Antriebsachsen und erinnert an ein Skateboard. Die Motoren befinden sich auf den Achsen.
Kooperation unter den Marken ist im VW-Konzern längst gefordert. Für Audi heißt das: bei kleinen Segmenten mit VW, bei größeren mit Porsche.
Aber trotz des zunehmenden wirtschaftlichen Drucks, Autos verschiedener Konzernmarken auf ein und derselben Plattform zu bauen, betont die Marke Audi die Individualität ihrer Modelle. "Ein hoch synergetischer Ansatz, der dennoch Individualisierung ermöglicht", beschreibt die Strategie ein Audi-Sprecher.
Mit der PPE, so heißt es in Ingolstadt, macht Audi deutliche Fortschritte in der Elektromobilität. Nicht zuletzt verweist das Unternehmen auf die leichtere und schneller zu ladende Batterie.
Im Zuge der PPE-Einführung bietet Audi ein 800-Volt-System an, das das schnelle Laden endlich ermöglicht (Lithium-Ionen-Batterie mit 100 kWh).
Auch wird Energie wiedergewonnen. Der Q6 e-tron rekuperiert mit bis zu 220 kW – 95 Prozent aller Bremsungen laufen per Rekuperation. Das System ist vorausschauend. Das heißt, ein Computer berechnet per Sensordaten den Bremswunsch des Fahrers und stellt das System darauf ein.
Während früher "normale" Mechatronik-Plattformen genutzt wurden, muss man sich die heutige Audi-Strategie eher wie einen Legokasten aus alten Tagen vorstellen, mit dem man viele verschiedene Dinge bauen kann.
Das gilt etwa für die Mechatronik, für den Elektroantrieb und für die Elektronik-Architektur. Für die E/E-Architektur hat sich der VW-Konzern mit dem neuen amerikanischen Elektroautobauer Rivian zusammengetan, um neben der VW-eigenen Software-Einheit Cariad weitere Software-Kompetenzen ins Haus zu holen.
Das bekommt auch der Endkunde zu sehen: Die neue Elektronik-Architektur soll unter anderem das In-Car-Erlebnis vergrößern – mit breiten Bildschirmen, digitalen Assistenten und mehr Infotainment. Mit PPE tritt Audi ab 2025 gegen Mercedes und BMW mit deren neuen Plattformen an.
Die Entscheidung, Verbrenner und Elektro zu trennen – PPC und PPE – fiel Audi nicht schwer. Die erhöhten regulatorischen Anforderungen – sowohl bei Elektroautos als auch bei Fahrzeugen mit konventionellen Antrieben – bedingten dies einfach.
Die Alternative wäre eine Multitraktions-Plattform, die vom Verbrennungsmotor über Hybride bis hin zum reinen Elektroantrieb alles aufnehmen kann. Diese Plattformart gilt zwar als kostengünstig, aber auch als kompromissbehaftet. Eher was für Budget-Volumenhersteller.
Das Plazet für vollelektrische Plattformen steht ohnehin außer Frage. "Generell bietet eine vollelektrische Plattform entscheidende Freiheiten, da sich die Anforderungen bezüglich geometrischer, systemischer und funktionaler Integration von denen des Verbrennungsmotors unterscheiden", sagte Audi-Manager Siegfried Pint, Senior Vice President Powertrain, Battery and Chassis Development, auf dem Wiener Motorensymposium im April dieses Jahres.
Der verfügbare Bauraum lasse sich optimal nutzen. Optisch könnten die Fahrzeuge durch eine flachere Motorhaube und kürzere Überhänge sportlicher gestaltet werden, und im Innenraum existierten bessere Platzverhältnisse.
Auf der anderen Seite soll auch der Verbrenner mit der eigenen Plattform noch einmal einen Boost bekommen. Denn diese Antriebsart verschwindet nicht so schnell wie vor einigen Jahren prognostiziert.
Die PPC, ebenfalls 2024 gestartet, wird von Audi als "letzte Entwicklungsstufe für Fahrzeuge mit konventionellem Antrieb einschließlich Plug-in-Hybrid" bezeichnet. Die Gesetze verlangten ohnehin Optimierungen beim Verbrenner, um die neuen Emissionsvorschriften einzuhalten.
Das heißt: Die Autohersteller stellen sich für eine Phase auf, in der beide Welten parallel laufen, was Kraft und Geld kostet. Doch für eine Marke mit Premiumanspruch gibt es laut Audi keine Alternative.
Und dann kommt SSP. Im Jahr 2027 oder 2028 macht Volkswagen mit dem ersten Modell von Porsche auf der neuen Konzernplattform den nächsten Technologiesprung.
Die SSP-Architektur soll in der Folge über alle Marken ausgerollt werden und unter anderem auch den vollelektrischen VW Golf aufnehmen. Und Audi will davon natürlich ebenfalls deutlich profitieren. Start hier: gegen Ende des Jahrzehnts.
Grundlage für den Erfolg in der Elektromobilität ist eine perfekte Plattform. Elektroautos werden effizienter, vielfältiger, innovativer. So lautet auch Audis Zukunft.
Für China hat Audi noch einmal eigene Pläne. Hier entsteht eine gesonderte Plattform, um mehr Geschwindigkeit aufzunehmen und um kurzfristig mit Modellen nachlegen zu können. Das war das Ziel, nachdem Audi in den Jahren der Pandemie zunehmend unter Zugzwang geriet und die Probleme auf dem wichtigsten Markt der Welt immer größer wurden.
Die neue Plattform wird nun gemeinsam mit dem chinesischen Partner SAIC entwickelt. Die Architektur ist für Modelle im B- und C-Segment (VW-Nomenklatur) bestimmt und soll demnach helfen, in der Mittelklasse aufzuholen.
Design und Infotainment sollen jüngere Generationen ansprechen. Geplant sind drei Modelle. Die Plattform trägt den Namen Advanced Digitized Platform, kurz ADP.
Mit der Plattform will Audi die Zeit bis zur Markteinführung neuer Modelle im B-Segment laut eigenen Angaben um bis zu 30 Prozent verkürzen. Das erste der Modelle soll schon in der zweiten Jahreshälfte 2025 auf den Markt kommen.
Produziert wird es wohl im Werk Anting. Auch die Markenschwester VW hatte sich zur Beschleunigung von Markteinführungen mit einem China-Partner – Xpeng – verbündet.
Aktuell baut Audi Kompaktautos für den chinesischen Markt noch auf MEB-Plattformbasis. PPE-Fahrzeuge wird Audi in China aber auch verkaufen. PPE ist dann für größere Segmente bestimmt.
