Aus für Verbrenner-Aus: Wie der Volvo-Chef das begründet

Ein zweites Facelift des größten Volvo-SUVs XC90 war nie vorgesehen. Schließlich betonen die Schweden seit Jahren, ab 2030 ausschließlich rein elektrische Autos zu verkaufen. Der XC90 hat längst seine Diesel-Variante verloren, und auch die Benzin-Hybride sollten spätestens im Jahr 2030 ausgemustert werden.

Doch jetzt schaltet Volvo bei der Elektrifizierung einen Gang zurück und lässt Plug-in-Hybride und auch Mildhybride so lange im Programm, wie die Kunden es wünschen. Deshalb präsentierte die zum chinesischen Geely-Konzern gehörende Marke in Göteborg neben dem neuen Elektro-Flaggschiff EX90 auch einen geringfügig veränderten XC90.

Statt 100 Prozent rein elektrisch will Volvo Cars ab 2030 nur noch zu "90 bis 100 Prozent elektrifiziert" auftreten – was ein deutliches Abbremsen der BEV-Pläne bedeutet.

"Wir sind weiterhin fest überzeugt, dass unsere Zukunft elektrisch ist", betonte Vorstandschef Jim Rowan. "Aber es ist klar geworden, dass der Übergang zur Elektrifizierung nicht linear verläuft. Kunden und Märkte passen sich mit unterschiedlicher Geschwindigkeit an diese Veränderung an."

Ein neues Datum für das endgültige Verbrenner-Aus nannte er nicht. "Wir reagieren auf den Markt. Die Kunden werden aber sicher nicht erst im Dezember 2034 entscheiden, wann sie auf ein E-Modell umsteigen." Wegen der Vorgaben der EU können ab 2035 nur noch neue Pkw ohne CO2-Ausstoß verkauft werden.

Ob mit dieser Entscheidung auch das Mittelfristziel wankt, wonach 2025 bereits 50 bis 60 Prozent aller Verkäufe auf reine E-Autos entfallen sollen, ließ Rowan offen. Sicher ist, dieser Plan ist ambitioniert. Per Ende Juni lag der E-Anteil erst bei 26 Prozent – inklusive Hybridmodellen bei 48 Prozent.

Warum ein erfolgreiches Produkt ohne Not vom Markt nehmen, fragt man sich bei Volvo. Und nicht nur dort. Auch Mercedes, Renault und VW schraubten zuletzt ihre Elektro-Pläne zurück.

Die schwächere E-Nachfrage nennt Volvo auch als Grund für ein weiteres Bremsmanöver. Der Autobauer kündigte eine weitere Absenkung seines Gewinnziels an. Für 2024 erwartet der Hersteller nur noch eine operative Marge von sieben bis acht Prozent. Bereits im Januar hatte Volvo sein Margenziel auf acht Prozent gesenkt – von bislang acht bis zehn Prozent. Auch das Umsatzziel wurde leicht nach unten geändert.

Ungeachtet der längeren Laufzeit von Verbrennermodellen wird Volvo in den nächsten Jahren wie geplant in allen Baureihen rein elektrische Modelle einführen. "Wir werden eine Zeit lang parallel Verbrenner- und reine E‐Modelle haben. Bei den 90ern, den 60ern und auch den 40ern", sagte Vertriebschef Björn Annwall, der auch stellvertretender CEO ist. "Wir werden in der Transformationsphase eine Zeit lang mehr Modelle haben als üblich. Unser Portfolio ist aber nicht so groß, dass es zu komplex würde."

Zu den Schwierigkeiten bei der Entwicklung der neuen Zentralarchitektur sagte Annwall, das Software-definierte Fahrzeug sei eine Herausforderung für die gesamte Industrie. "Wir gehören zu den Ersten, die diesen Weg nun tatsächlich gehen. Und wir wissen, dass wir noch viel lernen müssen. Aber wir wissen jetzt auch, wie wir die komplexen Probleme am besten lösen."