Software: Volvo schafft, woran VW und Cariad scheitern

Ungeachtet erheblicher Verzögerungen beim ersten Einsatz setzt Volvo Cars bei der Systemarchitektur seiner künftigen Elektrofahrzeuge alles auf eine Karte. Alle rein elektrischen Modelle der Marke werden künftig den gleichen Kern aus Systemen, Modulen, Soft- und Hardware nutzen.

Einen vergleichbaren Ansatz verfolgt auch Volkswagen mit seiner Software-Einheit Cariad, die allerdings weiterhin noch vor vielen ungelösten Problemen steht.

Volvo kündigte die Entscheidung für die Zentral-Architektur am Donnerstag in Göteborg an. Details wollte der Autobauer bei einer Kapitalmarkt-Konferenz am selben Tag bekanntgeben.

Der Autobauer spricht von einem „Volvo Cars Superset“, das nun erstmals im neuen elektrischen Flaggschiff EX90 zum Einsatz kommt. Mit dieser neuen Architektur hat sich Volvo allerdings sehr schwergetan.

Der EX90 kommt erst im Laufe dieses Monats in die Showrooms und damit gut zwei Jahre später als ursprünglich geplant. Grund waren zahlreiche Probleme mit der neuen Zentral-Architektur.

Entwicklungschef Anders Bell, der vor eineinhalb Jahren von Tesla zu Volvo Cars kam, räumte gegenüber der Automobilwoche bei der Vorstellung des neuen EX90 in Göteborg ein, dass die neue Software-Architektur verantwortlich sei für den verzögerten Marktstart des EX90.

"Jeder technologische Sprung von einer solchen Dimension, wie es der Superstack ist, bedeutet einen langen Weg bis zum Erreichen des Gipfels."

Der EX90 bedeute für Volvo daher nicht nur den Start eines wichtigen neuen E-Modells. "Er ist für uns der Aufbruch in eine neue technische Ära, in die Ära des software-definierten Fahrzeugs."

Das Prinzip sei einfach erklärt, aber komplex in der Umsetzung. "Wir haben künftig nur noch eine zentrale Rechnereinheit im Fahrzeug, eine einzige leistungsfähige Steuersoftware und eine einzige Cloud."

Das „Volvo Cars Superset“ ist ein Baukasten aus Hard- und Software, der sich auf unterschiedlichste Fahrzeugtypen anwenden lässt. Ein wesentlicher Vorteil gegenüber der bislang im Automobilbau üblichen deuzentralen Software-Architektur ist der Verzicht auf teilweise mehr als hundert lokale Mikro-Rechner.

Diese müssen alle verkabelt werden und die gleiche Software-Sprache sprechen.

Ein weiterer großer Vorteil besteht in der Möglichkeit, die Software jederzeit drahtlos upzudaten. "Dadurch werden alle Volvo Modelle mit der Zeit immer besser – und profitieren voneinander", sagte Entwicklungschef Bell.

So werde das neue Setup im EX90 ohne große Veränderungen auch im kommenden ES90 eingesetzt, einer rein elektrischen Limousine, die vor allem für den chinesischen Markt gedacht ist. Auch die nächsten E-Modelle wie der EX60 wird über die neue Architektur verfügen.