Plus 60 Prozent: Warum Volvo in Deutschland so stark wächst

Man kann nicht sagen, dass Volvo Car Germany seine Verkaufserfolge in diesem Jahr über Gebühr feiert. Im Juni berichtete die Marke in Deutschland nicht über ihre sehr gute Halbjahresbilanz, sondern über den Verkaufsstart einer limitierten Duftkerze. Dabei hätte Deutschlandchef Herrik van der Gaag allen Grund, auf die positive Entwicklung hinzuweisen.

Die wichtigsten Zahlen im Schnelldurchgang: Per Ende Juli konnte Volvo Car Germany seine Neuzulassungen in Deutschland laut Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) um 60,5 Prozent steigern auf 37.988 Einheiten. Der Marktanteil kletterte auf 2,2 Prozent. Damit liegt Volvo inzwischen vor Renault, Citroën, gleichauf mit Peugeot und nur knapp hinter Dacia und Kia. Zur Erinnerung: Der Gesamtmarkt legte in dieser Zeit nur um 4,3 Prozent zu.

Dieser Erfolg sei nicht allein auf das neue Elektromodell EX30 zurückzuführen, sagt Vertriebschef Steffen Freichel im Gespräch mit der Automobilwoche. Freichel ist offiziell Leiter Commercial Operations und hat damit auch die Aufsicht über die Logistik, die Produktplanung und das Bestellwesen des Importeurs in Deutschland.

"Natürlich spielt der durchschlagende Erfolg unseres neuen Einstiegs-Elektroautos EX30 eine wichtige Rolle bei dieser Entwicklung", sagt Freichel. Der erst seit Jahresbeginn verfügbare kleine Stromer kam aus dem Stand auf 6132 Einheiten. Das Modell soll bereits im kommenden Jahr sowohl weltweit wie auch in Deutschland eines der meistverkauften Volvo-Modelle überhaupt werden.

Aber genauso wichtig seien der große SUV XC60 und der etwas kleinere SUV XC40, betont Freichel. Insbesondere sogenannte "Special Editions" dieser Modelle seien sehr gut angenommen worden. 

Konkret steigerte sich der XC60 per Ende Juli um 53,9 Prozent auf 12.490 Einheiten, der Kombi V60 und V60 Cross Country legte sogar um 88 Prozent zu auf 4737 Einheiten. Deutlich über Marktdurchschnitt aufwärts ging es auch beim größten Modell, dem XCX90 (plus 42 Prozent auf 4919 Einheiten) und beim großen Kombi V90 (plus 37 Prozent auf 1385 Einheiten).

Vertriebschef Freichel verbucht den Erfolg aber nicht allein auf das Konto der Modellpolitik. "Unsere starken Handelspartner sind und bleiben unerlässlich für den Erfolg am Point of Sale", betont er. "Der Handel hat bislang das herausfordernde Jahr 2024 hervorragend gemeistert", lobt er die Partner.

Volvo Cars habe erkannt, das ein zu starker Fokus auf das Online-Geschäft nicht optimal gewesen sei, räumt Freichel ein. "In Bezug auf das Online-Geschäft haben wir sicher eine Lernkurve hinter uns. Für unsere Kunden zählt neben dem Online-Erlebnis ganz wesentlich die Erfahrung am Verkaufsstandort. Diese Erfahrung muss exzellent sein und sie muss physisch sein."

Diese Einsicht ändere aber nichts an der Überzeugung von Volvo Car Germany, dass die Zukunft dem Omni-Channel-Vertrieb gehöre, fügt Freichel hinzu: "Jeder Kundenkontakt sollte exzellent sein, ob direkt oder indirekt."

Zum Erfolg im bisherigen Jahr habe letztlich die Erkenntnis einen wesentlichen Beitrag geliefert, dass es bei allen kleinen und großen Baustellen im Unternehmen stets auf den Endkunden ankomme, sagt Freichel. Jeder Kundenkontakt werde wahrgenommen und möglichst bruchlos weiterverfolgt.

Konkret habe es sich etwa beim Marktstart des EX30 ausgezahlt, den Interessenten sehr viele Testfahrten in verschiedenen Regionen Deutschlands anzubieten. "Wir haben Sommertouren und eine Wintertour für die Kunden angeboten. Das kam sehr gut an und hat zu vielen Verträgen geführt."

Von einer Elektro-Verdrossenheit in Deutschland spüre Volvo Cars im übrigen nicht viel. "Natürlich gibt es weiterhin Fragen nach Reichweite und Ladezeiten im Showroom, aber der Anteil unserer BEV-Modelle ist per Ende Juli dennoch auf 26 Prozent gestiegen."

Das abrupte Ende der Elektroförderung im Dezember 2023 habe zwar zu einer Delle im BEV-Bereich geführt, aber genau in diesen Abwärtstrend sei der neue EX30 gekommen, der für Volvo neue Kundengruppen erschließt.

Die meisten Flottenkunden seien beim Thema BEV zwar noch zurückhaltender als die Privatkunden, doch dies ändere sich derzeit. "Wir sehen, dass auch immer mehr Flottenkunden auf E-Modelle setzen."