VW legt Bilanz vor: 2024 war schlecht – für 2025 sind die Aussichten durchwachsen

VW ist gut ins neue Jahr gestartet, hat mit einer Leasing-Sonderaktion erfolgreich den ID.3 an den Mann gebracht und mit dem ID.Every1 einen ersten Blick auf seinen neuen E-Kleinstwagen gegeben. Zudem entwickelt sich der Mittelklasse-Stromer ID.7 zu einem Bestseller in Europa.

Die guten Nachrichten der jüngsten Zeit dürfen aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Konzern nach wie vor große Herausforderungen vor der Brust hat. 

Die dürften mit der Veröffentlichung der Jahreszahlen für 2024 am Dienstag (11.03.) wieder in den Mittelpunkt rücken. Bereits mit den Quartalszahlen im Herbst hatte das Unternehmen die Erwartungen gedämpft: Laut der aktuellen Prognose rechnet Finanzvorstand Arno Antlitz mit einem Jahresumsatz von 320 Milliarden Euro. Im Vorjahr lag der Umsatz um 2,3 Milliarden Euro höher. Ursprünglich hatte VW sogar mit einem Wachstum von bis zu fünf Prozent gerechnet.

Als Grund für die Rücknahme des Umsatzziels wurden damals "zurückbleibenden Entwicklungen insbesondere der Marken Volkswagen Pkw, Volkswagen Nutzfahrzeuge und Tech. Components" angeführt.

Ursprünglich rechnete VW auch mit einem Absatzplus, das Ziel wurde allerdings ebenfalls bereist mit der Herbst-Prognose korrigiert. Mit den schließlich erwarteten 9,03 Millionen Fahrzeugen steht unterm Strich ein Minus von 2,3 Prozent.

Während Volkswagen in Nord- und Südamerika zulegen konnte, belastet das China-Geschäft das Ergebnis: Hier ist der Absatz um zehn Prozent abgerutscht. Besonders schlecht lief das Geschäft bei Audi, die 2024 insgesamt 11,8 Prozent weniger Fahrzeuge verkauft haben. Positiv entwickelt haben sich Skoda und Seat/Cupra.

Die Stammmarke VW verbuchte ein Minus von 1,4 Prozent, VW Nutzfahrzeuge  von 0,3 Prozent. Porsches Absatz ging um drei Prozent zurück, die Lkw-Sparte Traton schloss das Jahr mit einem leichten Minus (1,2 Prozent) ab.

Das operative Ergebnis soll laut Prognose vom Oktober 2023 "eine Größenordnung von rund 18 Milliarden Euro" erreichen, die Umsatzrendite sänke damit auf rund 5,6 Prozent. Auch die Vorhersage für den Netto-Cashflow hatte der Konzern gesenkt, von 2,5 bis 4,5 Milliarden Euro auf nunmehr zwei Milliarden.

Bei der Neubewertung ging der Konzern von rund 3,5 Milliarden Euro Ausgaben für M&A-Aktivitäten aus, zwei Milliarden davon werden 2024 für das Joint Venture mit Rivian verbucht. Apropos Neubewertung: Erwartet wird auch, dass VW seine Beteiligung an Northvolt (ursprünglich 1,4 Milliarden Euro, zuletzt mit 693 Millionen Euro) im neuesten Bericht auf Null setzt. 

Während VW das Batterie-Thema mit der Tochter PowerCo selbst in die Hand nimmt, ist die Zusammenarbeit mit dem amerikanischen Auto-Start-Up einer der Eckpfeiler von Volkswagens Zukunfts-Strategie. Gemeinsam wird eine neue Elektronikarchitektur entwickelt, die zukünftig konzernweit eingesetzt werden soll.

Den Anfang macht der VW ID.1, der 2027 in Serie geht. Insgesamt plant VW mit Investitionen in das Joint Venture von fast sechs Milliarden Euro, die sich aber auszahlen sollen. Skaleneffekte sollen die Kosten pro Fahrzeug senken, und die Aussicht auf eine reibungslos funktioniere Software-Architektur dürfte jeden Cent wert sein. Zu teuer kam den Wolfsburgern der Ärger mit der von Cariad selbstprogrammierten Software in der Vergangenheit schon zu stehen. 

Zwar wird über die Zusammenarbeit im Joint Venture nicht viel erzählt, doch darf man davon ausgehen, dass Rivian zum Großteil das Programmier-Know-How beisteuert.  Die Rivian-Leute betreten damit weitgehend Neuland: Sie haben bislang eine Software für ein Auto in einem Land entwickelt, nicht aber für einen weltweit agierenden Konzern mit zig Marken. 

Was Volkswagen mit Rivian in den USA entwickelt, machen sie in China mit XPeng. Ziel ist, Fahrzeuge in China für China zu entwickeln. Während VW bei den Verbrennern in China immer noch Marktführer ist, kommen die aktuellen ID-Modelle nicht so richtig bei der dortigen Kundschaft an.

Ein Problem, mit dem der Konzern auch 2025 umgehen muss, die ersten Joint-Venture-Modelle sollen nämlich erst im kommenden Jahr auf den Markt kommen. Audi versucht sein Glück mit einer neuen Sub-Marke, ohne Ringe im Logo. Hier soll das erste Fahrzeug noch in diesem Jahr in China auf den Markt kommen. Ob es zum erhofften Heilsbringer wird, muss sich zeigen. 

Klar ist: VW muss auch 2025 kämpfen. Produktseitig steht neben dem gerade vorgestellten Tayron, der Langversion des Tiguans, nur der neue T-Roc in den Startlöchern, doch der kommt erst Ende des Jahres.

Immerhin will Vertriebs-Chef Martin Sander hier schon Nägel mit Köpfen machen, "im Vergleich zum Vorgängermodell eine deutlich vereinfachte Angebotsstruktur" einführen. Weniger Komplexität senkt die Kosten, wahrscheinlich aber macht sich das erst in den kommenden Jahren bemerkbar.

Das angepeilte Renditeziel für die Stammmarke von 6,5 Prozent erscheint auch 2025 unerreichbar, nach den ersten drei Quartalen 2024 lag dir operative Umsatzrendite bei gerade mal 2,1 Prozent.

Sparen steht weiterhin ganz oben auf der Agenda. Konzernweit sollen es mehrere Milliarden Euro pro Jahr sein, so der Plan. Die kurz vor Weihnachten mit der IG Metall verhandelten Maßnahmen, der sozialverträgliche Abbau von 35.000 Stellen bis zum Ende des Jahrzehnts, trägt einen wichtigen Teil dazu bei, aber auch erst mittelfristig. Zumal es Expertenstimmen gibt, dass die Maßnahmen nicht weit genug reichen. 

Auch der Hauptaktionär, die Porsche SE unter Führung der Familie Porsche/Piëch, soll mit dem Tarifabschluss unzufrieden sein. Die SE verkündete jüngst, sie gehe davon aus, "außerplanmäßigen Wertberichtigung des Konzernbuchwerts der Beteiligung an der Volkswagen AG im Bereich von voraussichtlich minus 7 Milliarden Euro bis minus 20 Milliarden Euro" vornehmen zu müssen. Aber auch die Bewertung der Beteiligung an Porsche wird wohl um ein bis zwei Milliarden nach unten korrigiert.

Auch Porsche muss im laufenden Jahr mit den gleichen Herausforderungen kämpfen wie schon in den vergangenen zwölf Monaten. Der einstige Bestseller Taycan verkauft sich nur noch schleppend, der neue E-Macan muss sich (nicht nur ich China) erst etablieren.

In Zeiten schwächelnder Nachfrage nach E-Autos und gelockerter CO2-Ziele fehlt Porsche gerade der Benzin-Macan schmerzlich. Ein Comeback hat Auch-Porsche-Chef Oliver Blume jüngst am Rande der VW-ID.1-Premiere allerdings ausgeschlossen. 

Apropos CO2-Ziele: Zumindest die bislang drohenden rund 1,5 Milliarden Euro Strafzahlung für das voraussichtliche Verfehlen der Ziele dürfte VW aus der Prognose für das laufende Jahr streichen können. Ein kleiner Lichtblick in weiterhin schwierigen Zeiten.