So will Bosch zurück in die Erfolgsspur

Eigentlich hatte sich Bosch-Chef Stefan Hartung das anders vorgestellt. 2024 wollte Bosch seine Zielrendite von sieben Prozent erreichen. Doch nun hat das Unternehmen das Ziel auf 2026 verschoben. „Dass die Lage heute eine komplett andere ist, war so nicht vorherzusehen“, versucht Hartung bei der Bilanz-Pressekonferenz am Forschungsstandort Renningen eine Erklärung.

Die Bauindustrie nach den Zinserhöhungen eine Katastrophe, der Konsum bei Haushaltsgeräten nach der Corona-Krise am Boden – und im wichtigsten Bereich Autoindustrie lassen die großen Stückzahlen bei der Elektromobilität weiter auf sich warten. „In dieser Phase müssen wir unsere Hausaufgaben machen, wenn wir das Wachstum weiter aus eigener Kraft schaffen wollen“, so Hartung.

Auch in diesem Jahr rechnet das Unternehmen noch mit erheblichem Gegenwind. Zwar soll der Umsatz um fünf bis sieben Prozent zulegen. Das Marktumfeld mache es allerdings schwierig, die Rendite zu verbessern. So bleiben die Vorleistungen für neue Technologien hoch, auch die Restrukturierungen bei Personal und Prozessen kosten zunächst Geld, Spareffekte sind dagegen erst später zu erwarten.

2023 lag die Marge immerhin bei 5,3 Prozent und damit besser als erwartet. Mit 4,4 Prozent ist die Mobility-Sparte dabei Schlusslicht, obwohl auch hier im Vergleich zum Vorjahr (3,4 Prozent) eine Verbesserung erzielt wurde. Deutlich verbessert wurde der Barmittelzufluss, der im vergangenen Jahr noch deutlich im Minus war und nun 2,2 Milliarden Euro erreichte. Ein Grund ist der Abbau der großen Vorräte nach Ende der Halbleiterkrise. Angesichts der hohen Investitionen in neue Technologien reicht das aber nicht aus.

Vor diesem Hintergrund sind die Ankündigungen zum geplanten Stellenabbau zu sehen. Allein in der Mobility-Sparte stehen 3200 Stellen zur Disposition. Rund zwei Milliarden Euro will das Unternehmen in den nächsten zwei Jahren einsparen. „Unsere Herausforderung besteht darin, die Balance zwischen der Ertrags- und Finanzkraft auf der einen Seite und erforderlichen Vorleistungen für das Wachstum der Zukunft auf der anderen zu halten“, so Finanzchef Markus Forschner. Zwar will das Unternehmen mit dem Gesamtbetriebsrat über andere Möglichkeiten für Kostensenkungen reden. Gleichzeitig betonte Forschner aber, dass an den Zielen gerüttelt werde.

Diese bleiben langfristig sehr ambitioniert. So hat Bosch den Anspruch, den Umsatz um mindestens sechs bis acht Prozent pro Jahr zu steigern bei einer Rendite von mindestens sieben Prozent. Außerdem will das Unternehmen dort, wo es aktiv ist, jeweils zu den drei führenden Anbietern gehören. Erreicht werden könne dies durch das tiefe technische Wissen der Ingenieure, sei es in der Elektrifizierung und Automatisierung, sei es in Software und künstlicher Intelligenz. „Kein Unternehmen hat in Deutschland im vergangenen Jahr so viele Patente angemeldet wie Bosch – auch bei KI liegen wir hier an der Spitze“, betont Hartung.

Auch im Automobilsektor will Bosch künftig zurück in die Erfolgsspur. So sieht sich das Unternehmen trotz der großen Schwankungen beim Hochlauf der Elektromobilität auf einem guten Weg. „Allein in diesem Jahr laufen bei uns 30 Serienprojekte an“, so Hartung. Die prognostizierten sechs Milliarden Euro Umsatz im Jahr 2026 seien durchaus erreichbar. Einen Schub in Europa verspricht sich Bosch vom wachsenden Angebot im mittleren und unteren Segment unter 30.000 Euro. „Das war bisher nicht bespielt, das wird sich jetzt ändern“, so Mobility-Chef Markus Heyn.

Vor allem im China sei ein Großteil der Aufträge bereits profitabel. Hier sei der Hochlauf weiter dynamisch, während er anderswo stagniere. Während in Europa 70 Prozent aller Neuwagen 2030 rein elektrisch angetrieben würden, seien dies in China und Nordamerika 40 bis 50 Prozent. Hier entfielen nennenswerte Anteile auf Hybridantriebe. Auch Bosch will daher weiter in den Verbrenner investieren, zumal hier gerade Sonderschichten wegen der hohen Nachfrage gefahren werden.

Große Hoffnungen setzt Bosch außerdem auf die Entwicklungen bei der Fahrdynamik. Mit neuen Bremssystemen für das elektrifizierte und automatisierte Fahren wachse man jährlich um zehn Prozent und damit deutlich stärker als der Markt. Mit dem Vehicle Motion Management (VMM) werden Bremse, Lenkung, Antrieb und Dämpfung aus einer Hand gesteuert. Dies soll nicht nur die Sicherheit, sondern auch das Handling des Fahrzeugs auf eine neue Stufe heben.

In diesem Jahr werde bereits der erste Auftrag in Serie gehen. Im vergangenen Winter seien mehr als 20 Testfahrzeuge von vielen namhaften Herstellern in der Erprobung gewesen. „Das VVM führt nicht zuletzt zu einem eigenständigen Software- und Servicegeschäft“, so Hartung. Allein damit erwarte man 2030 einen Umsatz in dreistelliger Millionenhöhe.

Nach wie vor glaubt Bosch auch fest ans Thema Wasserstoff. Auf seiner Reise nach China besuchte Kanzler Olaf Scholz vor wenigen Tagen das Bosch-Werk in Chonqing, wo 2023 die Fertigung von Brennstoffzellen-Systemen begonnen hat. Auch in Stuttgart fertigt Bosch bereits Antriebssysteme für Lkw – unter anderem für Iveco. Allerdings sei hier erst in der nächsten Dekade mit größeren Zuwächsen zu rechnen. Große Chancen biete zudem der Wasserstoffmotor, der aus technischer Sicht der schnellste Weg zum klimaneutralen Nutzfahrzeugverkehr darstelle.

Im Fahrzeug selbst und in der Fertigung seien 90 Prozent der Komponenten identisch mit dem Diesel. „Schon in diesem Jahr kommt in Indien ein Wasserstoffmotor mit unserer Einblastechnik auf die Straße“, sagte Hartung. Zudem würde an fünf Serienaufträgen gearbeitet. Voraussetzung sei aber eine gute Versorgungslage. „Ohne günstigen Wasserstoff wird die Penetration gering bleiben“, warnt Mobility-Chef Markus Heyn.

Gerade in Indien sieht Bosch für die nächsten Jahre ein großes Wachstumspotenzial. So werde die Fahrzeugproduktion schneller wachsen als in jedem anderen Markt. 2023 wurden in Indien rund vier Millionen Fahrzeuge neu zugelassen, die Stückzahlen steigen von Jahr zu Jahr deutlich. Außerdem gehe es längst nicht mehr nur um das niedrigste Preissegment.

Inzwischen würden dort auch Fahrzeuge im Bereich von 25.000 bis 30.000 Euro verkauft, die technologisch mit denen aus Europa vergleichbar seien. Der Marktanteil indischer Hersteller nehme dabei zu. „Wie in China sehen wir auch hier, dass die lokalen Anbieter den Kunden offenbar am besten verstehen“, so Heyn. Bosch sei in Indien gut aufgestellt und wachse pro Jahr zweistellig. Zudem gebe es viele Talente und damit eine hohe Innovations- und Entwicklungskompetenz.

Aus dem Datencenter:

Konzernumsaätze deutscher Zulieferer 2023