Clepa: Zulieferer kündigen Abbau von 54.000 Jobs an

Bedrohliche Lage in der Autozulieferindustrie. Allein für das Jahr 2024 kündigten Unternehmen den Abbau von 54.000 Arbeitsplätzen an, die meisten davon in den nächsten zwei bis fünf Jahren. Zu diesem Ergebnis kommt der europäische Automobilzulieferer-Verband Clepa. Dies übertreffe den Jobverlust der beiden Covid-19-Pandemiejahre 2020 und 2021, als insgesamt 53.700 Stellen abgebaut wurden.

Seit 2019 haben die Automobilzulieferer in Summe 145.000 Stellenstreichungen angekündigt, während nur 51.000 neue Arbeitsplätze geschaffen wurden. Der Verband befürchtet, dass die Welle der Arbeitsplatzverluste noch lange anhalten wird und die Branche und ihre Beschäftigten in eine prekäre Lage bringt, wenn die Nachfrage nicht wieder anzieht und Europa seine Wettbewerbsfähigkeit nicht wiedererlangt.

Ein Großteil der 2024 bekannt gewordenen Stellenverluste entfällt auf deutsche Autozulieferer. Beispielsweise hatte ZF Friedrichshafen in Deutschland den Abbau von bis zu 14.000 Arbeitsplätzen bis 2028 angekündigt. Schaeffler will in Europa rund 4700 Stellen streichen, davon circa 2800 In Deutschland. Continental streicht im Bereich Automotive weltweit 7150 Stellen in der Verwaltung sowie in Forschung und Entwicklung – überwiegend in Deutschland. Und der weltgrößte Zulieferer Bosch will an deutschen Standorten im Mobility-Bereich 3800 Stellen abbauen.
 
Ein signifikanter Rückgang der jährlichen Fahrzeugproduktion in der EU um 20 Prozent in Verbindung mit steigenden Energie- und Produktionskosten habe die Nachfrage beeinträchtigt und die Wettbewerbsfähigkeit der in Europa hergestellten Komponenten geschwächt, heißt es beim Verband.

Laut der November-Prognose des britischen Spezialisten im Bereich Datenanalyse GlobalData, werden im Jahr 2024 in der EU voraussichtlich rund 700.000 Fahrzeuge weniger produziert als 2023 und 3,2 Millionen Einheiten weniger als vor der Pandemie. Ein Grund dafür liegt darin, dass das für 2024 erwartete Wachstum der Produktion von batterieelektrischen Fahrzeugen nicht eingetreten ist. Die Produktion ging im Vergleich zu 2023 sogar leicht zurück.

GlobalData erwartet für 2025 jedoch einen Aufschwung, wobei der Anteil der E-Fahrzeuge einschließlich Plug-in-Hybriden von 20 Prozent im vergangenen Jahr auf bis zu 27 Prozent der gesamten Fahrzeugproduktion steigen soll. Trotzdem bleiben die Zulieferer skeptisch. Im Oktober rechneten 65 Prozent der Clepa-Mitglieder damit, dass die Marktdurchdringung mit batterieelektrischen Fahrzeugen bis 2030 unter 50 Prozent bleiben wird.

Nach Jahren des stetigen Wachstums sind die Investitionen in Komponenten für E-Fahrzeuge in der EU im Jahr 2024 drastisch zurückgegangen. Von 2020 bis 2022 stiegen die Direktinvestitionen in EV-Komponenten sprunghaft an und erreichten 2022 mit geschätzten 18,15 Milliarden Euro ihren Höhepunkt. 2024 sanken die Investitionen in EV-Komponenten auf 5,64 Milliarden Euro – der niedrigste Stand seit 2019, so Clepa.

Als einen Schlüsselfaktor für diesen Rückgang sieht der Verband in der schwächer als erwartet ausgefallene Nachfrage nach E-Fahrzeugen, die erhebliche Auswirkungen auf Investitionsentscheidungen hatte. Darüber hinaus hätten mindestens acht Unternehmen europäische EV-Batterieprojekte im Jahr 2024 entweder verschoben oder aufgegeben.

Für Clepa-Generalsekretär Benjamin Krieger hängt der Erfolg der europäischen Automobilindustrie von gesunden Märkten ab. "Angesichts rückläufiger Fahrzeugverkäufe und schwacher Nachfrage nach Elektromobilität stehen die Margen unter Druck." Dies bedrohe die Fähigkeit zu künftigem Wachstum. Um diese Entwicklung umzukehren, seien mutige politische Maßnahmen erforderlich: "Wir brauchen eine regulatorische Neukalibrierung", betont Krieger.

Um wettbewerbsfähig zu bleiben, brauche Europa CO2-Regelungen, die sich auf das Ergebnis und nicht auf bestimmte Technologien konzentrieren – auch um Forschung und Entwicklung in allen Bereichen zu fördern. "Industrie und Verbraucher sollten die Möglichkeit haben, sich für die besten Lösungen zu entscheiden, wobei die Elektrifizierung im Mittelpunkt stehen und bei Bedarf durch andere Technologien ergänzt werden sollte. Die Dekarbonisierung der Strom- und Brennstoffversorgung sollte das Hauptziel sein", so Krieger. Er plädiert dafür, einen Fonds für den industriellen Wandel einzurichten, um das Risiko von Investitionen in Spitzentechnologien zu verringern.

Laut einer Umfrage der Unternehmensberatung McKinsey und des Verbandes haben seit 2020 nur etwa ein Drittel der Autozulieferer ein „gesundes Gewinnniveau“ gehalten. Rund zwei Drittel der Automobilzulieferer haben Schwierigkeiten Gewinnmargen von mehr als fünf Prozent zu erreichen – die Mindestschwelle, die laut Verband für nachhaltige Investitionen in Zukunftstechnologien oder die Modernisierung der Produktion erforderlich ist. Noch beunruhigender sei, dass 38 Prozent der Befragten für 2024 ein negatives oder marginales operatives Ergebnis erwarten, was die anhaltende finanzielle Belastung der Branche unterstreiche.