Alpine A290: Mehr Schein als Sein

Große Erwartungen – und eine ebensolche Enttäuschung: Der neue Alpine A290, die sportliche Variante des wiedergeborenen Renault R5, sollte mit einem Einstiegspreis von 38.700 Euro das Elektro-Zeitalter aufmischen. Doch nach der ersten Testfahrt bleibt der Eindruck: Hier fehlt die Magie.

Renault hatte die Erwartungen selbst befeuert, indem es den A290 als Nachfolger des legendären R5 Turbo anpries und bei den 24 Stunden von Le Mans zur Premiere auf die Strecke schickte. Doch das Resultat fällt ernüchternd aus: Was die Leistung und das Drehmoment des A290 auch versprechen mögen – in einer Welt, in der Elektropower fast unbegrenzt verfügbar ist, bietet stets ein anderer Hersteller mehr. Dicke Kotflügel oder LED-Akzente machen noch keinen Spitzensportler.

Dabei zählen heute weniger reine PS-Werte, sondern Emotionen – und genau hier tun sich Elektroautos schwer. Ob Rimac Nevera, BMW i4 M50 oder EQE AMG: Alle scheitern an der Herausforderung, Fahrgefühl und Faszination der klassischen Sportwagen zu erreichen.

Die Alpine A290 schafft es leider ebenso wenig. Statt eines aufregenden Neuanfangs bleibt sie ein weiterer E-Kleinwagen, der das Potenzial verpasst, dem Hyundai Ioniq 5 N als erstem ernstzunehmenden Elektro-Hot-Hatch Konkurrenz zu machen.

Die A290 gehört zudem eher in die Stadt als auf die Rennstrecke. Der 52-kWh-Akku ermöglicht im Normzyklus maximal 380 Kilometer Reichweite und entleert sich bei sportlicher Fahrweise schnell. Das Aufladen dauert bei 100 kW Ladeleistung entsprechend länger. Alpine-Chef Philippe Krief nennt das Fahrzeug passenderweise ein „Urban Sports Car“ und sieht darin einen Weg, die Marke einem breiteren Publikum zugänglich zu machen.

Doch so „heiß“ wie angepriesen ist der kleine Flitzer nicht. Zwar bringt die Basisversion bereits 177 PS auf die Straße, und die GT-Performance-Version ab 41.900 Euro liefert bis zu 218 PS und 300 Nm. Doch die Spitzenleistung hält nur für zehn Sekunden und erfordert ständigen Druck auf den „OV“-Knopf im Lenkrad – eine Herausforderung auf kurvigen Strecken.

Selbst ein durchschnittlicher VW ID.3 bietet mehr Temperament; kompakte Sportler wie der MG4 XPower legen noch eine Schippe drauf. Ein Sprintwert von 6,4 Sekunden bleibt für ein Elektroauto nur gehobener Durchschnitt, und die abgeregelte Höchstgeschwindigkeit von 170 km/h wird der „Raser“-Ambition kaum gerecht.

Zwar hat Renault Lenkung und Fahrwerk knackig abgestimmt, doch das Fahrzeug bleibt so gutmütig, dass selbst ohne elektronische Sicherheitsnetze kaum echter Nervenkitzel aufkommt. Statt mit einem hochdrehenden Vierzylinder und purer Motorleistung zu beeindrucken, setzt Alpine auf digitale Zusatzfunktionen, die die Fahrer trainieren oder zu sportlichen Wettkämpfen herausfordern. Über das Infotainment-System ist auch der Zugang zum Internet möglich.

Fazit: Wer den echten Nervenkitzel sucht, sollte wohl eher zur klassischen A110 greifen.