Bosch hadert mit der Rendite

Der Zulieferer Bosch hat im Geschäftsjahr 2022 Umsatz und Ergebnis gesteigert. Nach vorläufigen Zahlen erwirtschaftete die Gruppe einen Gesamterlös von 88,4 Milliarden Euro. Der Umsatz stieg damit um gut zwölf Prozent gegenüber dem Vorjahr, wechselkursbereinigt um etwa zehn Prozent. Das operative Ergebnis vor Finanzergebnis und Steuern (EBIT) erreichte 3,7 Milliarden Euro, gegenüber 3,2 Milliarden Euro im Vorjahr. Die operative EBIT-Rendite beläuft sich voraussichtlich auf rund vier Prozent und liegt damit in etwa auf Vorjahresniveau.

Sorgen bereitet die Mobility-Sparte des Konzerns. Mit der Ertragskraft könne Bosch nicht zufrieden sein. Die Rendite sei durch den Kostenanstieg entlang der gesamten Lieferkette und erhöhte Vorleistungen für die Transformation des Mobility-Geschäfts belastet. Genaue Angaben zur EBIT-Rendite machte der Zulieferer nicht. 2021 hatte die Rendite der Mobility-Sparte bei lediglich 0,7 Prozent gelegen. An der langfristigen Zielrendite von mindestens sieben Prozent halte das Unternehmen fest, „aber wir können mit dem Ertrag des Jahres 2022 insgesamt zufrieden sein“, erklärte Stefan Hartung, Vorsitzender der Bosch-Geschäftsführung. Er spricht von einem „herausfordernden Umfeld“. Das Unternehmen habe sich dabei „gut geschlagen und seine Ziele erreicht“.

Die geplante Einführung der Abgasnorm Euro 7 hält Hartung für "grundsätzlich richtig, weil in Zukunft noch sehr viele Motoren gebaut werden. Wir haben eine Bestandsflotte von 1,4 Milliarden Autos. Und von den weltweit erwarteten 86 Millionen Neuzulassungen im Jahr 2023 ist nur ein kleinerer Teil elektrisch.“
 
Es dürfe aber nicht sein, "dass die Anforderungen technisch nicht machbar sind und ein Motor mit Abgassystem gar nicht mehr gebaut werden kann." Das gelte zum Beispiel dann, "wenn dort ein Sensor aufgeführt ist, den es überhaupt nicht gibt. Es geht darum, die Regelung vernünftig auszugestalten.“  
 
Die Zeitschiene sei vor allem bei Lkw sehr hart und könnte dazu führen, dass es manche Produkte dann für eine bestimmte Zeit einfach nicht zu kaufen gibt. "Wenn die Regelung dazu führt, dass beispielsweise ein Dieselmotor sehr viel teurer wird, dann könnte das Aus dieses Antriebs deutlich schneller erfolgen als bisher geplant. Ganz sicher wird es weniger Motorenvarianten geben als bisher“, so Hartungs Einschätzung.

Für das laufende Jahr müsse Bosch laut Hartung weiter hohe Vorleistungen erbringen, unter anderem um Halbleiter-Engpässe zu überwinden. Zugleich habe es das Unternehmen mit steigenden Rohstoff- und Energiekosten zu tun. Zudem sieht er ein Spannungsverhältnis zwischen der Notwendigkeit globaler Kooperationen einerseits und der Vermeidung allzu großer wirtschaftlicher Abhängigkeiten von einzelnen Weltregionen andererseits, wie beispielsweise bei Halbleitern oder Rohstoffen.

Zwar werden die Importe von Öl und Gas klar zurückgehen, so Hartung, „dafür jedoch wird der Anteil seltener Erden am weltweiten Handel von energiebezogenen Ressourcen signifikant steigen“. Auch wenn die jüngsten Funde in Schweden perspektivisch neue Freiräume in Aussicht stelle, Europa könne in der Transformation seiner Energiesysteme nicht allein agieren – es bleibt auf Kooperation mit anderen Teilen der Welt angewiesen. Gerade die technische Umsetzung des Klimaschutzes kommt ohne Globalisierung nicht aus.

Bosch geht von einer konjunkturellen Abschwächung aus und erwartet für das laufende Jahr ein Wachstum der globalen Wirtschaftsleistung von weniger als zwei Prozent. „Das globale Geschäftsklima weist bereits auf konjunkturelle Belastungen hin“, sagte Markus Forschner, Geschäftsführer und Finanzchef beim Unternehmen. „Steigende Zinsen belasten die Investitionen, vor allem die Bautätigkeit sowie den privaten Verbrauch.“ In Europa kämen die trotz der jüngsten Rückgänge markant gestiegenen Energiekosten hinzu, während in China nach Aufgabe der Null-Covid-Politik sowie dem Abflauen der massiven Infektionswellen ein Erholungsprozess einsetzen dürfte.

In wichtigen Branchen spüre Bosch eine Abschwächung der Konjunktur und erwartet einen anhaltenden Kostendruck in den Wertschöpfungsketten. Zugleich sei ein erheblicher Kapitaleinsatz notwendig, um Wachstum in zukünftigen Technologien zu finanzieren. „Ein innovatives Unternehmen wie Bosch muss hohe Vorleistungen erbringen“, betonte der Finanzchef.

Trotz Halbleiterknappheit und Konjunkturschwäche hätten alle Unternehmensbereiche ihre Umsätze gesteigert. Der größte Unternehmensbereich Mobility Solutions blieb auch 2022 mit Erlösen von 52,6 Milliarden Euro der umsatzstärkste. Das Umsatzplus von 17 Prozent belief sich wechselkursbereinigt auf zwölf Prozent. „Erfreulicherweise ist unser Umsatz stärker gewachsen als die weltweite Automobilproduktion“, erklärte der Finanzchef.

Um den Technologiestandort Europa zu stärken, will der Zulieferer bis 2026 drei Milliarden Euro in sein Halbleitergeschäft investieren. Positiv bewertet Bosch-Chef Hartung den geplanten Bau einer Fabrik für Siliziumkarbid-Halbleiter von Wolfspeed und ZF Friedrichshafen: „Das ist ein tolles Signal für Deutschland, denn es zeigt, dass ein Ausbau der Produktion an diesem Standort möglich ist." Zu den Lieferanten der Rohstoffe für die Bosch-Fabrik in Reutlingen wollte er sich allerdings nicht äußern. "Es gibt einen Markt dafür, auf dem wir uns versorgen.“

Allerdings belaste die Energieknappheit als Treiber der Inflation auf Dauer den Konsum und damit die Geldwertstabilität. Daher sei es gut, dass die Zentralbank eine restriktive Geldpolitik eingeleitet habe. Zugleich warnte Hartung vor einer Blockbildung in der Weltwirtschaft. „Eine Fragmentierung wirtschaftlicher Systeme gefährdet Innovationskraft und Wohlstand für alle Menschen.“

Darüber hinaus mache der Zulieferer Tempo bei Brennstoffzellen und Wasserstoff. „Bis Mitte der Dekade sollen gut 40.000 Fahrzeuge mit unseren Brennstoffzellen-Systemen weltweit auf der Straße sein.“ Für Elektromobilität „verzeichnen wir einen anhaltend starken Auftragseingang“. Damit werde das Unternehmen in dem Bereich voraussichtlich 2026 einen Umsatz von sechs Milliarden Euro erzielen. In diesem Jahr soll das Geschäft mit E-Achsen und -Motoren in China die Gewinnzone erreichen.

Filiz Albrecht, Geschäftsführerin und Arbeitsdirektorin bei Bosch betonte, dass die nachhaltige Ausrichtung des Unternehmens für Bewerber immer wichtiger werde. In Zeiten des Fachkräftemangels sei es auch für Bosch global heute anspruchsvoller, die besten Talente zu finden. Dabei gewinne Indien im Wettbewerb um Software-Experten an Bedeutung. Dort seien bei Bosch allein 17.000 tätig, weltweit sei die Zahl von 38.000 auf 44.000 gestiegen. Der Bedarf an Software-Entwicklern ist weiterhin groß – bis Mitte der Dekade sollen etwa 10.000 hinzukommen. „Bald arbeiten mehr als 50.000 Menschen in der Software-Entwicklung von Bosch“, sagte die Personalchefin.

Weltweit arbeiteten zum Stichtag 31.12.2022 rund 420.300 Menschen in der Bosch-Gruppe. Das sind etwa 18.400 mehr als im Vorjahr. Die Mitarbeiterzahl in Deutschland stieg um 2600 auf 133.400. „Fast die Hälfte des gesamten Aufbaus entfiel auf Mitarbeitende in Forschung und Entwicklung“, erläuterte Forschner. In diesem Bereich lag die Anzahl der Beschäftigten bei 84.800 – davon sind 44.000 Software-Entwicklerinnen und -Entwickler.

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