Autojahr 2024: Zwischen Hoffen und Bangen

Auf den deutschen Automarkt kommen herausfordernde Zeiten zu. Die Branche schwankt zwischen Hoffen und Bangen. Das zeigt die Spannweite der Prognosen für das nächste Jahr.

Während das Deutsche Kfz-Gewerbe mit einem deutlichen Rückgang auf 2,65 Millionen Neuzulassungen rechnet, erwartet Autoexperte Stefan Bratzel (Center of Automotive Management) bis zu 3,2 Millionen Neuzulassungen. Das wäre ein klares Plus zu den von der Automobilwoche für das laufende Jahr erwarteten 2,83 Millionen. Unterm Strich sind sich die Experten jedoch einig: Der Markt bietet bestenfalls Chancen für ein kleines Wachstum.

Etwas Schub versprechen noch die Orderbücher. „Wir starten ins nächste Jahr noch mit einem überdurchschnittlich hohen Auftragsbestand, der aber schnell abgebaut wird, da die neuen Auftragseingänge zurückgehen“, sagt Martin Benecke, Senior Manager S&P Global. „Dann schlägt die erwartete Rezession durch.“

Quelle: Verbände/Unternehmen

Darauf deuten die Konjunkturdaten hin. Angst vor der Inflation und hohe Zinsen lassen die Verbraucher weiterhin ihr Geld zusammenhalten. Zudem sind die Autopreise in den vergangenen Jahren immens nach oben geschnellt. Staatliche Impulse bleiben wohl aus, denn der Regierung fehlen Milliarden im Bundeshaushalt.

Die Hersteller haben den Markt in den vergangenen Wochen bereits mit Fahrzeugen geflutet. Der Flottenkanal ist im laufenden Jahr auf einem Allzeithoch – die Zulassungen kratzen an der Millionen-Grenze. „Mittlerweile sind wir im Flottengeschäft eher bereits bei Vorzieheffekten“, sagte jüngst Dataforce-Flottenexperte Benjamin Kibies. „Die Käufe, die für das nächste Jahr geplant waren, werden bereits heute realisiert.“

Ähnlich sehen es die Vermieter: „Wir haben für das nächste Jahr noch keine Fahrzeuge geordert“, sagt Jens Erik Hilgerloh, Präsident des Verbands BAV und Chef der Starcar-Gruppe. „Wir haben so viele Autos, dass wir im ersten und zweiten Quartal keine neuen Pkw mehr brauchen.“

Bleiben die Eigenzulassungen. Sie legten in den vergangenen Monaten bereits kräftig zu. Bei Fiat und Hyundai kam im Oktober jede zweite Neuzulassung vom Hersteller oder einem Händler. Nicht nur die versteckten Nachlässe steigen stark, auch die Rabatte. „Ab Februar werden sie nochmals kräftig steigen“, sagt ein großer Mehrmarkenhändler.

Trotz schwieriger Rahmenbedingungen setzen viele Hersteller voll auf Wachstum. Laut Händlerkreisen wollen Citroën (Marktanteil 1,4 Prozent) und Peugeot (1,7 Prozent) ihren Anteil um einen Punkt ausbauen. Renault plant mit 80.000 Auslieferungen – ein Plus von knapp 30 Prozent. Das dürfte schwer werden.

„Zuwächse versprechen bestenfalls der noch vorhandene Ersatzbedarf sowie neue Produkte in Segmenten, die bislang nicht besetzt sind“, sagt Benecke. Chancen gibt es noch bei Elektroautos. Der S&P-Analyst erwartet deutliche Zuwächse. Für 2024 „rechnen wir in Deutschland mit einem BEV-Anteil von 25 Prozent“.

Gerade hier wird der Markt enger. Erstmals sind chinesische Hersteller mit nennenswerten Volumen präsent. „Vor allem bei MG und BYD rechne ich mit großen Stückzahlen“, sagt Benecke. „Sie kommen mit neuen Modellen und einem guten Preis-Leistungs-Verhältnis.“ Zudem dürften Hyundai und Kia mehr Volumen nach Europa leiten, wenn sie sich aus China zurückzögen. „Das werden die europäischen Hersteller zu spüren bekommen.“ Sie drohen die Verlierer des nächsten Jahres zu werden.

Aus dem Datencenter:

Absatz verschiedener Marken in Deutschland bis November 2023