Das erwartet Porsche von Sajjad Khan

Am 1. November wird Sajjad Khan seinen Vorstandsposten für Car-IT beim Sportwagenbauer Porsche antreten. "Es ist ein wenig spät", räumte Finanzchef Lutz Meschke in der jüngsten Telefonkonferenz zu den Quartalszahlen ein. Über zwei Jahre ist Khans Abgang als CTO bei Mercedes dann her, vor über einem Jahr schon hatte Porsche den Neuzugang angekündigt. Eine auch in der Autoindustrie ungewöhnlich lange Karenzzeit. Entsprechend hoch sind die Erwartungen.

Der 49-Jährige gilt als ausgewiesener Experte in Sachen Software. Bei Mercedes war er Wegbereiter des Betriebssystems MB.OS und Herr über die so genannte CASE-Organisation, die sich um das autonome Fahren, Mobilitätsdienste, elektrische Antriebe und Vernetzung kümmerte. Khan hob die Elektronik-Architektur der ab 2025 geplanten Fahrzeuge auf eine neue Stufe, reduzierte die Domänen auf wenige wie Antriebsstrang, autonomes Fahren, Infotainment, Fahrzeugsteuerung und Kommunikation. Dafür holte er sich renommierte Tech-Partner wie Nvidia ins Boot. Auch das viel gelobte Infotainment-System MBUX trägt die Handschrift des in Pakistan geborenen IT-Fachmanns.

Khan, der selbst lieber Fahrrad als Auto fährt und als ebenso schlau wie selbstbewusst gilt, soll seine Erfolge nun bei Porsche wiederholen. Der Sportwagenbauer steht nach dem Börsengang glänzend da. Doch die Car-IT gilt als Achillesferse. Als VW-Tochter ist Porsche an den Konzern und die Software-Marke Cariad gebunden. Die Entwicklung neuer Plattformen verzögerte sich dort zuletzt immer wieder. So mussten Porsche und Audi die Anläufe ihrer Modelle E-Macan und Q 6 mehrfach verschieben, was für großen Unmut sorgte. Auch jetzt noch wird fieberhaft an der Fertigstellung gearbeitet, weshalb weder Porsche noch Audi einen genauen Zeitpunkt außer dem Jahr 2024 für die Premiere der Fahrzeuge nennen.

Obwohl zunächst von einer beratenden Unterstützung für den Volkswagen-Konzern die Rede war, soll Khan sich nach Informationen der Automobilwoche voll auf Porsche konzentrieren. Zwar habe man die Software-Plattform 1.2 nun bereits mit externen Partnern fertig entwickelt. "Aber zusammen mit Entwicklungschef Michael Steiner soll er dafür sorgen, dass zusätzliche Funktionen und Apps intergriert werden", so Meschke.

Gerade hat Porsche zudem verkündet, seine Partnerschaft mit Google ab Mitte des Jahrzehnts vertiefen zu wollen und weitere Dienste in das Infotainment zu integrieren. Danach liege der Fokus ganz klar auf der Software-Plattform 2.0. Diese soll bei Porsche erstmals für das neue Luxus-SUV K1 eingesetzt werden, das ab 2026/27 in Leipzig vom Band rollen soll. Khan sei außerdem dafür verantwortlich, spezifische Lösungen für den chinesischen Markt zu entwickeln.

Khan selbst freut sich auf die herausfordernde Aufgabe, wie es in einer Mitteilung des Unternehmens heißt. „Car-IT wird als Erfolgsfaktor in Zukunft weiter an Bedeutung gewinnen. Unsere Aufgabe ist es, dem hohen, für Porsche typischen Anspruch an Exklusivität und Performance in allen Belangen gerecht zu werden. Gemeinsam haben wir ein klares Ziel: Den Mythos Porsche erfolgreich in die Zukunft zu tragen.“

Die Anforderungen bei Porsche sind so unterschiedlich wie bei kaum einem anderen Hersteller. Während ein 911 GT3 RS Software höchstens für die Fahrdynamik benötigt, müssen Reiselimousinen wie der Panamera oder der elektrische Taycan höchsten Ansprüchen genügen, zumal Porsche sich nach dem Börsengang mit seiner Luxus-Strategie noch höher positionieren will. Sprachsoftware, Navigation und Infotainmentfunktionen sollen bald in einer neuen Liga spielen. Gerade beim Elektro-Flaggschiff Taycan gab es in der Vergangenheit Klagen von Kunden. In Internetforen ist von häufigen Ausfällen der Software die Rede.

Um möglichst nah an der Mannschaft zu sein, wird Khan sein Büro nicht in der Zentrale in Zuffenhausen haben, sondern Tür an Tür mit Entwicklungschef Michael Steiner in Weissach sitzen. Dort wurde bis zuletzt fieberhaft am Zuschnitt des Ressorts für den Neuzugang gearbeitet, um einen reibungslosen Start zu ermöglichen und nicht noch mehr Zeit zu verlieren. Wie aus dem Unternehmen zu hören ist, gab es dabei durchaus Reibungen bei den selbstbewussten Entwicklern, die Kompetenzen nur ungern abgeben. Wie groß das Ressort von Khan am tatsächlich sein wird, ist offiziell noch nicht bekannt.

Zumindest dürfte nun auch geklärt sein, welche Mitarbeiter der ebenfalls mit der Digital-Strategie befassten Töchter Porsche Digital und MHP sowie der Porsche-IT Khan zugeschlagen werden. Die Einheiten wurden jüngst in der „Digital Family“ gebündelt, um schlagkräftiger aufgestellt zu sein. Wahrscheinlich ist, dass sich Khan nur auf die Lösungen für die E/E-Architekturen konzentriert. Software-Applikationen wie Optimierungen zur Idealline auf dem Rennkurs oder spezielle Routenvorschläge im Navi dürften dagegen eher bei den Digital-Töchtern verbleiben.

Klar ist, dass Porsche mit Khan einen klugen, manchmal aber auch unbequemen Vorstandskollegen eingekauft hat. Der Abgang bei Mercedes erfolgte offiziell zwar einvernehmlich. Doch hinter den Kulissen soll es mit dem aktuellen Entwicklungsvorstand und CTO Markus Schäfer heftig gekracht haben. Der wollte die als Schnellboot angelegte und unabhängig agierende CASE-Organisation auflösen und in den Konzern eingliedern, Khan seine herausgehobene Stellung nicht wieder aufgeben. Dass er bei Porsche als Vorstand nun ganz oben einsteigt, dürfte der Harmonie im Unternehmen nicht schaden.

(Hinweis: Bei dem Text handelt es sich um eine aktualisierte Fassung eines bereits erschienen Artikels.)

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