Herr Koller, wie weit ist der Integrationsprozess von Hella fortgeschritten und wie sind Sie mit dem Verlauf des Prozesses zufrieden?
Wir sind sehr zufrieden. Die Teams von Faurecia und Hella arbeiten sehr gut zusammen, stoßen auf keine nennenswerten Probleme und heben mehr Synergien als ursprünglich erwartet. Um Ihnen eine Vorstellung zu geben: Wir hatten ein Ziel von 300 Millionen Euro an Kostensynergien bis Ende 2025 angekündigt. Wir gehen davon aus, dass wir dieses Ziel übertreffen werden.
Es gab jüngst Spekulationen, dass Michel Favre nicht über Juni 2024 CEO bei Hella bleibt. Gibt es schon eine Entscheidung?
Wir haben innerhalb des Gesellschafterausschusses ein Komitee, dass sich um Verträge und Nominierungen kümmert. Dieses Komitee wird eine Entscheidung treffen unter Einhaltung des offiziellen Prozessablaufs. Der Prozess ist klar: Sobald die Entscheidung getroffen wurde, wird die Information geteilt.
Sie haben kürzlich die Kompetenzen von Faurecia und Hella in einem Fahrzeugchassis integriert. Wollen Sie dieses Chassis als Ganzes an Ihre Kunden verkaufen?
Alle in "Lumières" enthaltenen Komponenten und Produkte können gekauft werden. Viele Kunden haben daran bereits Interesse geäußert. Wir wollen aber auf keinen Fall das gesamte System verkaufen. Unsere Rolle ist die des Enablers für das autonome Fahren und für die Elektrifizierung. Dinge, die ein Fahrzeug differenzieren, muss der Kunde selbst machen. Wir wollen nicht in Wettbewerb zu unseren Kunden treten und wollen kein Softwareprovider sein.
VW hat kürzlich angekündigt, direkt mit den Chipherstellern verhandeln zu wollen. Befürchten Sie, dass solche Entwicklungen zu Lasten der Automobilzulieferer gehen?
Das funktioniert nur begrenzt. Die Krisen haben gezeigt, dass es nicht besser läuft, wenn die Automobilhersteller die Einkaufsverantwortung direkt übernehmen. Bei Innovationen kann es bei bestimmten Funktionen sinnvoll sein, mit den Chipherstellern zu kooperieren. Aber es muss für die Zulieferer möglich bleiben, mit verschiedenen Unternehmen zusammenarbeiten. Sonst wird es teuer und es entstehen Abhängigkeiten.
Ist die europäische Automobilindustrie beim Umsetzen ihrer Innovationen nicht schnell genug?
Die chinesischen, aber auch die amerikanische E-Autohersteller wie Tesla oder Lucid sind viel schneller. Wenn wir solchen Unternehmen eine Vorentwicklung anbieten, wird diese viel zügiger als von europäischen Autoherstellern in den Markt gebracht. In Europa sind die Entscheidungswege deutlich länger. Wenn wir heute Kunden unsere Innovationen anbieten, sind das nicht unbedingt bevorzugt unsere europäischen Stammkunden.
Wie stark sehen Sie Ihre asiatischen Wettbewerber?
In China gibt eine Handvoll größerer Zulieferer, die weltweit aktiv sind und die wir in den nächsten Jahren als mögliche Konkurrenten sehen. Beispielsweise erwarten wir neue Wettbewerber im Elektronikbereich, weil sich dort der Markt in China sehr schnell entwickelt. Ressourcen und Mitarbeiter dafür sind vorhanden. Die großen südkoreanischen Zulieferer sind zwar umsatzstark, verfügen aber nicht in jedem Fall über die notwendigen Technologien. Auch die japanischen Zulieferer haben technologisch an Boden verloren. Sie sind nicht mehr so wettbewerbsfähig wie das noch vor zehn Jahren der Fall war.