Achtung, jetzt kommt’s dicke für die deutschen Oberklasse-Hersteller. Und das gilt diesmal im wörtlichen wie im übertragenen Sinne. Denn wenn Kia in der zweiten Jahreshälfte sein elektrisches Flaggschiff EV9 von der Leine lässt, dann sehen Autos wie der Audi Q8 e-tron, der BMW iX und der Mercedes EQE nicht nur ungewöhnlich klein und zierlich aus. Sondern die stromernden SUV im Smoking aus dem deutschen Süden sind plötzlich auch technisch nur noch zweite Wahl. Schließlich düpiert Kia die Konkurrenz nach wie vor mit seinem 800 Volt-System und will jetzt obendrein auch noch beim autonomen Fahren in die Pole Position.
Dabei ist schon das Design eine buchstäblich kolossale Kampfansage: Erstaunlich nahe an der Studie von 2021, leistet sich der Kia einen betont kantigen Auftritt und üppige Ausmaße: So haben die Koreaner die Länge auf 5,01 Meter gestreckt und die Achsen 3,10 Meter weit auseinander gerückt. Das schafft innen Platz für eine luftige Atmosphäre, riesige Ruhesessel und eine dritte Sitzreihe, wie es die in den USA nur beim Telluride und bei uns seit dem Ende des großen Santa Fe gar nicht mehr gibt.
Kolossale Kampfansage
Kia tritt mit dem EV9 gegen die SUVs deutscher Premiumhersteller an. Dabei punktet der Herausforderer nicht nur mit seiner Größe, sondern auch mit technischen Feinheiten.
Aufgebaut auf der globalen E-Plattform des Konzerns nutzt der EV9 in der höchsten Ausbaustufe einen Akku von 100 kWh, der trotz des stolzen Formats und der – nun ja – nicht eben windschnittigen Form eine Reichweite von 541 Kilometer ermöglichen soll. In der Basisversion bieten die Koreaner zudem für einige Märkte auch ein Batteriepaket mit 76 kWh an. Auch beim Antrieb lässt Kia den Kunden die Wahl und montiert zum Heckmotor mit bis zu 160 kW auf Wunsch noch eine Maschine mit 133 kW im Bug. So klettert die Systemleistung auf bis zu 385 PS. Das maximale Drehmoment liegt bei 600 Nm und kann kurzfristig sogar um weitere 100 Nm angehoben werden. Obwohl weit über 2,5 Tonnen schwer, gelingt dem EV9 der Spurt von 0 auf 100 km/h deshalb im besten Fall in 5,3 Sekunden. Aber selbst die schwächste Kombination schafft das in noch immer respektablen 9,4 Sekunden.
Und schnell ist der EV9 nicht nur beim Anfahren, sondern vor allem beim Aufladen: Weil die Koreaner neben Porsche Taycan und Audi e-tron GT nach wie vor die einzigen mit einem 800-Volt-System sind, fließt in einer Viertelstunde im besten Fall der Strom für 239 Kilometer in die Akkus.
Der ganze Stolz der Koreaner ist aber ihr Highway Driving Pilot, mit dem sie nun ebenfalls das Autonomie-Level 3 erreichen. 15 Sensoren, darunter zwei Lidar-Systeme – ermöglichen unter bestimmten Umständen das freihändige Fahren auf der Autobahn und erstmals kann und vor allem darf der Kia-Kapitän in dieser Zeit etwas Anderes tun.
Ein stolzes Format, ein ambitionierter Antrieb und obendrein noch einen schlauen Autopiloten – so rückt Kia der deutschen Konkurrenz mit dem EV9 tatsächlich dicht auf die Pelle. Doch hat der Aufstieg ganz sicher auch seinen Preis. Noch haben die Koreaner den Koreaner für ihr Flaggschiff zwar nicht näher beziffert. Aber unter 70.000 Euro wird der Koloss aus Korea kaum zu haben sein. Und wenn es dumm läuft, wird der Preis mit allen Extras vielleicht sogar knapp sechsstellig. Dann kommt es nicht nur für Audi, BWM und Mercedes dicke, sondern auch für die Kia-Kunden.
Aus dem Datencenter: