Ford-Werk Saarlouis: Deal geplatzt – Vertrauen verspielt

Ob nun BYD, Chery oder ein anderer chinesischer Autobauer Interesse am Ford-Focus-Werk in Saarlouis hatte – der Hinweis, dass womöglich die Finanzierung Probleme bereitete, sollte allen Beteiligten zu denken geben. Womöglich sind die Taschen chinesischer Investoren nicht mehr so tief, wie sie es einmal waren.

Mit der Absage ist die Zukunft des Werkes und der umliegenden Zulieferer nun wieder völlig ungewiss. Das Ford-Management hat viel zu spät mit der Suche nach Investoren begonnen und auch keinen Plan B vorbereitet. Jetzt wird die Zeit äußerst knapp, um noch eine Alternative zu finden. Mitte 2025 soll die Focus-Produktion bekanntlich eingestellt werden.

Saarlands Ministerpräsidentin Anke Rehlinger (SPD) entzog gestern der Ford-Unternehmensführung in aller Öffentlichkeit das Vertrauen: "Ich bin nicht sicher, ob ich zu recht das Vertrauen in Sie haben darf, dass wir gemeinsam das gleiche gute Ergebnis für diesen Standort im Blick haben", sagte sie bei der  Betriebsversammlung am Donnerstag, an der sie persönlich teilnahm.

Und doch ist die Absage des Investors auch eine Chance für europäische Automotive-Unternehmen. Das Werk mit dem Zuliefererpark ist ein 1a-Standort mit top-qualifizierten Mitarbeitern.

Nirgendwo sonst in Europa gibt es aktuell  die Chance, auf einen Schlag gut 4000 erfahrene Automobilwerker zu übernehmen. In den einstigen Günstiglohn-Ländern Ungarn, Tschechien und Polen liegen ganze Betriebsbereiche still oder sind kaum ausgelastet, weil es an Mitarbeitern fehlt. Die Löhne dort steigen schneller als anderswo in Europa.

Wenn das Werk in Saarlouis jedoch abgewickelt werden sollte, wird es sehr teuer für Ford – und die Landesregierung muss erklären, warum sie versagt hat bei der Suche nach neuen Investoren. Aktuell läuft dort die Focus-Produktion auf Hochtouren, täglich werden 600 Einheiten gebaut.

Gleichzeitig hat sich bekanntlich der Produktionsstart des elektrischen Explorer im Kölner Werk bis zum kommenden Sommer verzögert. Ford fehlen also schlichtweg Fahrzeuge und Modelle. Das alles versetzt den Betriebsrat in eine kommode Verhandlungsposition für die anstehenden Sozialplan-Gespräche.

Aus dem Datencenter:

Modellvorschau Ford bis 2025