Rüsselsheimer Schicksal für Köln

Sie hatten geglaubt, das Schlimmste hinter sich gelassen zu haben. Ende 2020 waren bei Ford in Deutschland nach einer zweijährigen Restrukturierung bereits rund 5000 Arbeitsplätze weggefallen, in ganz Europa waren es rund 10.000 Jobs weniger als noch 2018. Doch das ist noch immer nicht der Boden für Ford in Europa, wie jetzt klar geworden ist.

Bei der gestrigen Betriebsversammlung nannte Ford-Europachef Martin Sander zwar keine Zahlen, doch es wurde klar, dass von den 14.000 Mitarbeitern in Köln eine "signifikante" Anzahl künftig nicht mehr benötigt wird. Im Worst-case-Szenario könnten laut IG Metall bis zu 3200 Jobs gekappt werden.

Anders als während der Restrukturierung vor zwei Jahren ist diesmal vor allem die Entwicklung und die Verwaltung in Köln vom geplanten Personalabbau betroffen.

Das ist besonders dramatisch, weil wegfallende Entwicklungskapazitäten bedeuten, dass die Ford-Führung auf Dauer Wertschöpfung aus Europa abzieht und offenbar nicht mehr damit rechnet, wieder zurück auf einen Wachstumspfad gelangen zu können. Die Entwicklung in Köln erinnert in dieser Hinsicht an den enormen Bedeutungsverlust des Opel-Entwicklungszentrums in Rüsselsheim nach der Übernahme durch PSA und die Integration in Stellantis.

Ford kämpft in Europa seit Jahrzehnten mit dem Problem, in den Volumensegmenten ein vergleichsweise kleinerer Hersteller zu sein - und dennoch ein sehr großes Portfolio anbieten zu müssen. Ford-CEO Jim Farley macht damit zur Zeit radikal Schluss - in Europa werden die Amerikaner künftig vor allem noch im lukrativen Transportergeschäft Präsenz zeigen und in ausgewählten, höhermargigen Pkw-Bereichen. Lieber klein und profitabel als groß und defizitär, lautet das Motto.

Ob der Stellenabbau in Köln und Europa mit der laufenden Restrukturierung an sein Ende gekommen ist, kann man bezweifeln. Wenn nach vier bis fünf Jahren die ersten beiden E-Modelle in Köln, die auf der MEB-Plattform von VW stehen, abgelöst werden müssen, könnten diese Fahrzeuge auch an günstigeren Standorten gebaut werden.