Herr Winkelmann, Lamborghini hat 2022 den Umsatz um 10 Prozent auf 2,4 Milliarden Euro und den operativen Gewinn um 56 Prozent auf 614 Millionen Euro gesteigert. Geht die Entwicklung 2023 ungebremst weiter?
Es ist zu früh für Prognosen. Aber die ersten zwei Monate waren sehr gut. Unsere Auftragsbücher sind so voll, dass wir keine neuen Bestellungen mehr annehmen, denn sowohl beim Huracan als auch bei unserem SUV Urus sind wir bereits in der Endphase der aktuellen Modellreihen. Für den neuen Aventador aber haben wir ein Orderbuch, das eine Auslastung der Fertigung über zwei Jahre sicherstellt und das, obwohl die Kunden weder das neue Modell noch dessen Preis kennen. Das gibt uns ein gutes Gefühl.
Und die Knappheit von Rohstoffen und Materialien bereitet Ihnen keine Sorgen?
Nein, da haben wir keine größeren Sorgen, mit Ausnahme des Carbons, das in immer mehr Branchen eingesetzt wird, weshalb die Nachfrage danach stark gewachsen ist. Erschwerend kommt hinzu, dass ein wichtiges Produktionswerk für Carbon in den USA abgebrannt ist. Wir haben dadurch keine Produktionsausfälle, aber bei einigen Sonderausstattungen gibt es Probleme.
Lamborghini steht für leistungsstarke Motoren. Die italienische Regierung kämpft dafür, die Frist für das Ende der Verbrennungsmotoren zu verlängern. Was halten Sie davon?
Die Konsequenzen einer möglichen Verlängerung dieser Frist sind unklar. Der Einsatz etwa von synthetischem Kraftstoff könnte für uns interessant sein, aber nur im Motorsport oder in historischen Fahrzeugen. Das ändert außerdem nichts an dem anhaltenden Trend zu immer strengeren Emissionsvorschriften durch den Gesetzgeber. Und das betrifft mit der Zeit auch immer mehr Länder, in denen es solche Beschränkungen heute noch nicht gibt.
An Ihren Plänen zur Umstellung auf Hybrid- und dann vollelektrische Fahrzeuge ändert sich also nichts?
Nein. Wir fangen mit der Hybridisierung unserer gesamten Produktpalette an und wollen sie 2023 und 2024 voll umsetzen. In den Jahren 2028 und 2029 bringen wir eine vierte Modellreihe auf den Markt, die vollelektrisch sein wird und 2029 kommt auch der Urus in einer vollelektrischen Version.
Wann verschwinden Verbrennungsmotoren, die ja das Herz Ihres Unternehmens sind, ganz bei Lamborghini?
Bei unseren Supersportwagen wollen wir daran so lang wie möglich festhalten, zumindest bis Anfang der 30er-Jahre. Aus derzeitiger Sicht können danach nur Elektroantriebe kommen. Darauf stellen wir uns ein.
Aber ist Lamborghini dann noch Lamborghini?
Das ist die Herausforderung. Wir wollen auch dann noch Traumautos anbieten - aber mit neuen Technologien. Erst die Hybridisierung, dann die vollelektrischen Autos. In zehn Jahren ist das Thema durch. Das ist ja auch eine Generationenfrage und wird von den Jüngeren längst akzeptiert. 2025 werden mehr als 50 Prozent unserer Kunden unter 40 sein, vor allem in Asien.
Was macht dann einen Lamborghini noch besonders?
Der Fokus auf das Design wird sich nicht ändern. Dazu kommt die Performance. Das sind erstmal nackte Zahlen wie Beschleunigung oder Höchstgeschwindigkeit. Und dann natürlich die emotionale Seite. Das Zusammenspiel muss klappen. Wir haben Zeit und wir wissen, wie wir das machen. Wir müssen nicht unbedingt die Ersten sein, dafür aber die Besten.
Sie sind die Ertragsperle Ihrer Mutter Audi, der es momentan nicht so gut geht wie früher. Muss Lamborghini die Schwächen Audis ausgleichen?
Die Branche durchlebt eine Transformation, wir alle müssen uns darauf einstellen. Umdenken. Das geht nicht von heute auf morgen. Aber Audi ist eine starke Marke mit einer tollen Mannschaft und wird die Transformation erfolgreich meistern. In der Zwischenzeit freut es uns, und im Übrigen auch Audi, dass Lamborghini als Bestandteil des Konzerns seinen betriebswirtschaftlichen Beitrag leistet.
Sie planen, wie zuvor Ferrari und Porsche, einen Börsengang. Wann soll der kommen?
Wir planen keinen Börsengang. Da bin ich missverständlich zitiert worden. Ich habe nur gesagt, dass wir so arbeiten müssen, als ob wir an der Börse wären.
Ihre wichtigsten Märkte sind die USA, China und Deutschland. Wo sehen Sie die größten Potenziale?
Die USA stehen für etwa 30 Prozent unserer Verkäufe. Danach kommen China mit einem Anteil von elf, zwölf Prozent, Deutschland, Großbritannien, Japan, Italien, der Mittlere Osten und Südkorea. Das größte Potenzial bieten die USA und China, aber in China gibt es sehr hohe Steuern von 100 Prozent auf Luxusprodukte. Insofern liegt das größte Potenzial in den USA. Der Preis spielt also schon eine Rolle.
Und welche Bedeutung hat Deutschland für Sie?
Deutschland ist ein Markt mit riesigem Potenzial. Dort gibt es nicht nur große Autoliebhaber, sondern auch viele Kunden mit den nötigen finanziellen Mitteln für den Kauf eines Lamborghini.