Chinesen mit Premium-Anspruch

Gerade einmal zwei Autogenerationen zurück blamierten sich chinesische Neuheiten noch bei europäischen Crashtests. Und heute? Die erst seit ­wenigen Wochen erhältliche Businesslimousine ET7 des Herstellers Nio macht nicht nur als schick gestylte Elektro-Neuerscheinung von sich reden, sondern räumte beim Euro-NCAP-Test auch gleich die Höchstwertung von fünf Sternen ab. Damit nicht genug: In der Kategorie „Mittel- und Oberklasse“ gewann der ET7 zuletzt das „Goldene Lenkrad 2022“.

Dem Bekanntheitsgrad der noch jungen Automarke dürften diese Auszeichnungen guttun. Auf dem Heimatmarkt gilt Nio als hip, modern und cool. Jetzt wird die Tür zu Europa aufgestoßen, inklusive Deutschland, einem der schwierigsten und anspruchsvollsten Automärkte der Welt.

Nio lässt die Sache bedacht ­angehen und legt den Fokus nicht auf maximales Verkaufsvolumen. Man möchte organisch wachsen, heißt es von der Vertriebsseite. „Unser Ziel für Europa ist, dass wir in drei Jahren die Marke mit der höchsten Kundenzufriedenheit sind“, sagt CEO William Li. Der ET7 wird dem Käufer beispielsweise bis vor die Haustür geliefert.

Statt in klassischen Autohäusern wird der Nio-Kunde in Deutschland in sogenannten „Nio Houses“ beraten. Großzügige Räume mit Café und Lounges, in denen auch Veranstaltungen stattfinden. Als erste Stadt hat Nio Berlin auf dem Schirm. Hamburg, Frankfurt, Düsseldorf und München sollen folgen.

Nach dem ET7 wird Nio schon im Januar den EL7 in Deutschland anbieten. Hier handelt es sich um ein 4,91 Meter langes SUV, in dessen Boden die gleichen Batterie-Pakete (75 oder 100 kWh) stecken wie im ET7. Grund: Alternativ zum Schnellladen bietet Nio dem Kunden die Möglichkeit, den leeren Akku innerhalb weniger Minuten gegen einen vollen zu tauschen. Dies geschieht per Roboter in sogenannten PPS ­(Power Swap Stations). Drei von ihnen entstehen gerade in Deutschland. Ende 2023 sollen in Europa 120 dieser Tauschstationen verfügbar sein.

Nur zwei Monate nach dem ET7 ist die Markteinführung des ET5 geplant. Auch für die Mittelklasselimousine stehen die beiden Norm-Akkus nach PPS-Prinzip zur Verfügung. Den ET5 mit der kleineren Batterie bietet Nio derzeit für einen Abo-Preis von 999 Euro im Monat an. Das Flaggschiff ET7 kann ab monatlich 1199 Euro gefahren werden.

Beim reinen Abo-Modell wird es nicht bleiben. Druck erhielt Nio von Kundenseite und von der Nio-Community. Dem beugte sich der Newcomer. Er will zukünftig alle Modelle auch zum Kauf anbieten. Die Preise starten in Deutschland ab 49.900 Euro (ET5) zuzüglich Batterie, die entweder 12.000 Euro (75 kWh) oder 21.000 Euro kostet (100 kWh).

Im Dezember wird Nio in ­China einen weiteren „Nio-Day“ veranstalten. Auf ihm will Konzernchef Li neue Elektromodelle ankündigen. Fünf sollen es angeblich global bis Ende kommenden Jahres sein. Davon dürften schon 2024 drei auch nach Deutschland kommen, darunter das Mittel­klasse-SUV EL6 als Nachfolger des ES6 und eventuell ein neues Crossover. Gut möglich auch, dass Nio die Neuauflage des sieben­sitzigen Fullsize-SUV ES8 bringen wird und das Modell in EL8 umbenennt.

Alle Neuerscheinungen stehen dann auf der 2.0-Plattform. Sie zeichnet sich weniger durch kräftigere Motoren und leistungsfähigere Batterien aus – hier besteht laut Hersteller kein Handlungs­bedarf – als vielmehr durch einen höheren Grad des automatisierten Fahrens.

Aus dem Datencenter:

Modellvorschau Nio bis 2024