Darum hält Porsche an E-Fuels fest

Der Zeitpunkt dürfte kein Zufall sein. Während Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) mit EU-Komissionspräsidentin Ursula von der Leyen um einen Kompromiss ringt, wie synthetische Kraftstoffe doch noch als Ausnahme für das geplante Verbrennerverbot ab 2035 zugelassen werden können, meldet sich Porsche in den sozialen Medien mit einem Video zu Wort.

Wie die Liberalen, deren Chef Christian Lindner Porsche-Fan ist, hält der Sportwagen-Bauer die Nutzung von synthetischen Kraftstoffen für einen sinnvollen Baustein im Kampf gegen den Klimawandel. "Wir bei Porsche denken Nachhaltigkeit ganzheitlich und verfolgen deshalb eine Doppel-E-Strategie", sagt Einkaufschefin Barbara Frenkel in dem Video. Neben der Elektromobilität sollen die E-Fuels eine tragende Rolle bei der Dekarbonisierung des Verkehrs spielen.

Dann werden die Argumente wiederholt, die Befürworter immer wieder ins Spiel bringen. Jeder eingesetzte Tropfen synthetischer Kraftstoff könne den CO2-Fußabdruck der Verbrenner-Flotte mit derzeit weltweit 1,3 Milliarden Fahrzeugen reduzieren. Dafür sei keinerlei neue Infrastruktur notwendig. Stattdessen könne der Kraftstoff an jeder bestehenden Tankstelle getankt werden.

Porsche sieht sich als Vorreiter der Technolgie. In Chile hat der Sportwagenbauer zusammen mit der Betreibergesellschaft Highly Innovative Fuels (HIF) die Pilotanlage "Haru Oni" in Punta Arenas aufgebaut und bereits symbolisch einen Porsche 911 mit dem gewonnenen Kraftstoff betankt. Dabei wird aus der Luft absorbiertes CO2 mit Wasserstoff kombiniert und zu E-Methanol verarbeitet, aus dem später die synthetischen Kraftstoffe gemacht werden. Der Wasserstoff wird mit günstiger Windenergie per Elektrolyse gewonnen.

In der Pilotphase ist eine E-Fuels-Produktion in Chile von rund 130.000 Litern pro Jahr vorgesehen. Der Kraftstoff soll zunächst in Leuchtturm-Projekten wie dem Porsche Mobil 1 Supercup und in den Porsche Experience Centern eingesetzt werden. Nach der Pilotphase kommt das Projekt in Chile mit der ersten Skalierung bis Mitte des Jahrzehnts auf voraussichtlich rund 55 Millionen Liter pro Jahr. Rund zwei Jahre später soll die Kapazität 550 Millionen Liter betragen.

Kritiker bemängeln den hohen Energieeinsatz für die Gewinnung von synthetischen Kraftstoffen, der diese derzeit noch sehr teuer macht. Von der im Prozess eingesetzten Energie bleiben in der "Well-to-Wheel"-Betrachtung am Ende nur zehn bis 15 Prozent übrig. Zum Vergleich: Im Elektroauto kommen 70 bis 80 Prozent der Ausgangs-Energie am Rad an.

Das mag bei einem wenig gefahrenen Sportwagen wie dem 911 oder dem Einsatz im Motorsport eine untergeordnete Rolle spielen, für den Einsatz in der weltweiten Flotte der Verbrenner-Fahrzeuge aber ist dies ein Problem. Das könnte sich aber in den nächsten Jahren lösen lassen. ADAC-Technikpräsident Karsten Schulze geht davon aus,  dass ein Preis von weniger als zwei Euro pro Liter machbar sei. Dafür spreche, dass sowohl die Produktionskosten für regenerativen Strom fallen und eine hochfahrende Massenherstellung die E-Fuels günstiger werden lässt.

Das Bundesverkehrsministerium fördert zudem die Erforschung von E-Fuels und den verbundenen Technologien mit Milliarden. So arbeitet das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) daran, den Wirkungsgrad in der Produktionskette deutlich zu erhöhen. Dabei sei ein Wirkungsgrad von bis zu 60 Prozent möglich. Zentraler Bestandteil der Versuchsanlage des KIT ist ein neuer Synthesereaktor, der mit deutlich geringerer Prozessenergie als bisher auskommt.

Erste Pilotanlagen entstehen auch in Deutschland. So will Ineratec in Frankfurt-Höchst in den nächsten Jahren aus bis zu 10.000 Tonnen biogenem CO2 und erneuerbarem Strom jährlich bis zu 3500 Tonnen oder 4,6 Millionen Liter E-Fuels produzieren. Dieser soll vor allem in der Luft- wie auch in der Schifffahrt zum Einsatz kommen. Die investierende Firma Ineratec wurde dafür mit Fördergeld unterstützt. Und das Dresdner Start-up Sunfire will in Norwegen E-Fuels im industriellen Maßstab produzieren.

Genau das ist auch das Argument von Bundesverkehrsminister Volker Wissing und den Liberalen. Niemand könne die technische Entwicklung bis zum Jahr 2035 vorhersehen. Mit neuen Verfahren könnten synthetische Kraftstoffe deutlich günstiger und damit auch für den massenhaften Einsatz in der Bestandsflotte der Verbrenner-Fahrzeuge einsetzbar sein. Ein Ausschluss der Technologie zum jetzigen sei daher nicht sinnvoll.

Aus dem Datencenter:

Marktanteile nach Antreiebsarten bis Dezember 2022