Jean-Philippe Bahuaud hat Zahlen parat, die bislang nur die wenigsten Automanager interessierten: „Im Automobilsektor ist die erste ungenutzte Ressource das Auto selbst, das zu 85 Prozent aus Metallen und Kunststoffen besteht.“ Der Vorstandschef der Renault-Tochter „The Future is Neutral“ will künftig eine Menge Geld verdienen mit diesem ungenutzten Schatz auf vier Rädern. Utopisch erscheint das nicht, denn in Europa erreichen jedes Jahr rund elf Millionen Fahrzeuge ihr Lebensende. Doch auch heute noch bestehen Neuwagen nur zu 20 bis 30 Prozent aus recycelbaren Materialien. Es ist absehbar, dass der europäische Gesetzgeber diese Bilanz nicht mehr lange dulden wird. Vor diesem Hintergrund hat Renault als einer der ersten Autobauer ein Konzept entwickelt, um den Recycling- und Wiederverwendungsanteil älterer Fahrzeuge deutlich zu heben: Die Refactory im alten Werk in Flins soll zu einem Zentrum für die Kreislaufwirtschaft im Automobilsektor werden.
Konzernchef Luca de Meo erklärte das alte und unausgelastete Werk 2021 zur „Refactory“. Fernziel: Ab 2030 soll sie CO2-negativ operieren. Auf dem Werksgelände geht es inzwischen immer weniger um den Bau neuer Autos – der Zoe und der Nissan Micra werden dort noch bis zu ihrem Auslaufen produziert –, sondern um die Instandsetzung von Bauteilen, Gebrauchtfahrzeugen und Altbatterien. Nicht zuletzt die Wiederverwendung der in großen Mengen erwarteten Altbatterien verspricht ein lukratives Geschäft zu werden. Für 2030 rechnet Renault in Flins mit der Verarbeitung von 20.000 Batteriepacks. Ein Teil der aufbereiteten Batterien geht heute bereits an das Unternehmen Virvolt, das Akkus für E‑Bikes produziert.