25 Jahre alt – und wieder ganz am Anfang

Ein Vierteljahrhundert ist es her, seit der erste Smart auf den Markt kam. So richtig erfolgreich war die einstige Daimler-Tochter nie, obwohl das Konzept eines kompakten Stadtautos immer noch aktuell ist. Jetzt soll im Joint Venture von Mercedes mit Geely der Durchbruch als reine Elektromarke gelingen. Mit dem #3 präsentiert Smart am 3. September im Vorfeld der IAA sein zweites Modell, das schon in Schanghai im April zu sehen war. Es ist zum Erfolg verdammt, wenn die Marke sich im harten Konkurrenzkampf etablieren will.

Beim #3 handelt es sich um eine deutlich sportlichere Version des ersten Modells #1, das vor rund einem Jahr Premiere feierte. Das neue SUV-Coupé wurde vom globalen Mercedes-Design-Team gezeichnet, während Geely für die Technik verantwortlich war. Eine tief nach unten gezogene Dachlinie betont den sportlichen Charakter. Mit 4,40 Metern Länge ist das Auto rund 13 Zentimeter größer als sein kastenförmiger Bruder. Von hinten erinnert das Auto fast an eine kleinere Variante des EQC, das erste echte Elektro-Modell von Mercedes.

Neu ist neben dem Design auch ein "Cheetah-Avatar" für das Infotainment-System. Ansonsten hat sich im Innenraum nur wenig verändert. Geblieben ist der große zentrale Bildschirm und die hohe Mittelkonsole, die Fahrer- und Beifahrersitz trennt. Auch Batterie und die elektrische Reichweite von rund 440 Kilometer sollen gleich bleiben. Wie der erste Smart der neuen Zeitrechnung will auch der #3 als ein Premium-Auto für die Stadt auftreten und die Lücke schließen, die Mercedes mit seiner Luxus-Strategie im unteren Segment hinterlässt. Bis 2025 will Smart jedes Jahr ein neues Modell auf den Markt bringen. Auch eine Neuauflage eines Zweisitzers ist laut Europa-Chef Dirk Adelmann nicht ausgeschlossen. 

Der Anlauf der neuen Generation von Smart hat inzwischen Fahrt aufgenommen. In China sind nach Angaben von Smart bereits bis März 2023 über 20.000 Exemplare des #1 an Kunden ausgeliefert worden. Auch in Deutschland läuft die Markteinführung auf Hochtouren. Bis Juli wurden laut KBA immerhin 2510 Smart #1 zugelassen. Die meisten davon dürften noch bei den Mercedes-Händlern stehen, die den Vertrieb in Europa für Smart übernommen haben. Auf den Straßen jedenfalls ist der Smart aus China derzeit noch selten zu sehen. Wie bei Tesla kommen die vorproduzierten Fahrzeuge per Schiff und werden dann je nach Konfiguration den Kunden zugewiesen.

Während die neue Generation an Fahrzeugen in Europa Einzug hält, befindet sich der Smart Fortwo der alten Schule auf dem Rückzug. Die Bestellbücher für die seit 2020 ausschließlich elektrischen Fahrzeuge wurden bereits vor einigen Monaten geschlossen. Bis Mitte 2024 sollen die letzten Exemplare im französischen Werk in Hambach produziert werden. Dann übernimmt dort endgültig der britische Hersteller Ineos Automotive mit der Fertigung seiner Geländewagen die Regie. Den Viersitzer Smart Forfour, der zusammen mit Renault als Schwestermodell zum E-Twingo in Slowenien gebaut wurde, hatte Smart bereits 2021 eingestellt.

Mit dem Auslaufen des Smart Fortwo endet ein Kapitel deutscher Automobilgeschichte in Europa, das vor 25 Jahren begonnen hatte. Nach langem Vorlauf und etlichen Änderungen in den Entwürfen startete 1998 die Fertigung des ersten Smart-Modells. Es war hervorgegangen aus einer Partnerschaft von Mercedes und Nicholas Hayek, dem Erfinder der Swatch-Uhr. Der Name Smart, der übersetzt klug bedeutet, stammt aus der der Kombination von Swatch, Mercedes und Kunst (Swatch, Mercedes, Art). Umgesetzt hatte die Idee des Kleinstwagens aus dem Hause Daimler Professor Johann Tomforde, der auch als Entwicklungschef fungierte.

Obwohl mit dem Werk in Hambach ein revolutionäres Produktionskonzept mit wenig Eigenleistung umgesetzt wurde, bei dem die Zulieferer sich in unmittelbarer Nähe ansiedelten, war der Smart in all seinen Jahren ein Verlustbringer für den damaligen Daimler-Konzern. Daran konnten die Ausweitung der Modellpalette mit einem Viersitzer und so eigenwillige Modelle wie der Smart Roadster oder der Smart ForJeremy mit Flügeln nichts ändern. Die Marke hatte zwar viele Fans, schaffte aber trotz der in Spitzenzeiten bis zu 150.000 verkauften Exemplare pro Jahr nie den Sprung in die Gewinnzone.

Dafür war Smart eine Marke für neue Ideen und mit seinem Sandwichboden von Anfang an für elektrischen Antrieb ausgelegt. Doch erst im Jahr 2007 stellte Mercedes in London eine Testflotte von 100 vollelektrischen Fortwos vor. Für die erste Generation der E-Smarts wurden sogar eigene Batteriezellen bei der Li-Tec-Battery GmbH in Ostdeutschland entwickelt und gefertigt. 2011 schließlich ging das Fahrzeug in die Serienproduktion. Pionier war Smart auch beim Carsharing. Die vom Daimler-Konzern gegründete Tochter Car2Go wurde zunächst ausschließlich mit Smart-Fahrzeugen bestückt, in einigen Städten wie Stuttgart ausschließlich mit elektrischem Antrieb.

Den Pioniergeist der Gründungszeit will die Marke auch in Zeiten des Joint Ventures mit Geely beibehalten. "Wir haben in 25 Jahren mit Smart ein klares Profil herausgearbeitet von Nachhaltigkeit über Spaß am Leben bis hin zu pfiffigen neuen Ideen. Das haben wir übertragen auf das neue Auto, denn viele Kolleginnen und Kollegen sind schon sehr lange bei der Marke und absolute Überzeugungstäter", sagte Europa-Chef Dirk Adelmann im Automobilwoche-Interview. So zeichne sich auch das neue Fahrzeug durch das typische Raumgefühl von Smart aus. "Was wir hinzugewonnen haben, ist Reichweite und Einsatzfähigkeit", so Adelmann.

Aus dem Datencenter:

Entwicklung der reinen Elektroautos bis Juni 2023 in Deutschland