Wie Auto und Versicherung zusammenwachsen

Sei es das Parkticket, die Tankfüllung oder das Software-Upgrade im Auto – alle Hersteller arbeiten daran, ihren Kunden das Bezahlen aus dem Auto heraus zu ermöglichen. Bei Mercedes ist ein entsprechendes Angebot seit März bereits am Start. Die bisher eng umrissenen Anwendungsfälle dürften jedoch erst den Auftakt bilden für eine Fülle neuer Angebote und Dienstleistungen rund um das Auto. Bis 2026 rechnet Mercedes bereits mit weltweit mehr als 4,7 Milliarden Zahlungsvorgängen aus dem Auto heraus.

Auch die Versicherungsbranche hat längst einen Blick auf das Thema geworfen und will ihre Angebote in die Autos bringen. "Versicherungen werden flexibler. In Zukunft werden sich Kunden im Auto für eng umrissene Risiken wie etwa einen einwöchigen Skiurlaub in den Bergen oder die Fahrt in eine fremde Stadt absichern können", beschreibt Fernando Comenge Fuentes, Global Head of Mobility bei Allianz Partners, die Pläne des Versicherungsriesen.

Doch für diese Angebote sind die Versicherer auf Wohlwollen und Partnerschaften mit den Autoherstellern angewiesen. Und pro Hersteller kann nur einer das Rennen machen. "Es gibt bereits einen intensiven Wettbewerb um Partnerschaften mit Herstellern", bestätigt Comenge. Wer dabei am längeren Hebel sitzt ist außer Frage. "Dass Hersteller hier eine gewisse Verhandlungsmacht haben, liegt in der Natur der Sache."

Für die Versicherer ist die Kfz-Versicherung seit jeher eine wichtige Eintrittstür in die Lebenswelt ihrer Kunden. Dementsprechend buhlen sie seit Jahrzehnten um die Gunst der Autohersteller. Manche Hersteller nutzen ihre Verhandlungsmacht auch leidlich aus. Die Ergo Versicherung etwa stach vor einigen Jahren Generali als Versicherungspartner bei BMW aus. Generali wiederum kam im selben Jahr bei der damaligen FCA Bank zum Zug – auf Kosten der Allianz.

Damit der Eintritt in die Lebenswelt der Autokäufer klappt, arbeiten Versicherer und Hersteller daran, die Kfz-Versicherung zum integralen Bestandteil des Autokauf-Prozesses zu machen. "Auto und Versicherung werden immer mehr im Paket angeboten", sagt Comenge. Der Kunde soll durch diese Vorgehensweise – so der Hintergedanke – gar nicht auf den Gedanken kommen, Tarife zu vergleichen. "Embedded Insurance" nennt die Allianz ihr Konzept.

Im VW-Konzern, wo die Allianz über das Joint Venture VW Autoversicherung als Versicherungspartner an Bord ist, gibt es hierzu bereits erste Schritte: Die Allianz erhält automatisch die exakte Konfiguration von Neuwagen, noch bevor sie gebaut sind, und berechnet auf dieser Basis eine individuell auf das Fahrzeug abgestimmte Prämie. Je mehr Assistenzsysteme wie Spurwechselassistenten oder Parkhilfen verbaut sind, desto günstiger wird die Prämie.

Liegen irgendwann auch noch Bestandsdaten zum Kunden vor, etwa zu dessen Schadensfreiheitsklasse, Alter und so weiter, könnten Verkäufer Kunden beim Kauf eine maßgeschneiderte Versicherung anbieten ohne ihm irgendwelche Fragen stellen zu müssen, so Comenge: "Zero Question Insurance ist hier das Schlagwort."

Doch nicht überall wollen sich die Versicherer auf das Wohlwollen der Autohersteller verlassen. Das gilt vor allem im Hinblick auf den Zugang zu den Daten vernetzter Fahrzeuge. Versicherer brauchen diese, um ihr Angebot bei verhaltensbasierten Tarifen auszubauen. Bei diesen Policen richtet sich die Prämie nach der Fahrweise der Versicherten. Für die Verbraucher wäre das ein großer Gewinn, so Comenge: "Damit zahlt jeder nur noch für sein eigenes Risiko und nicht mehr für das der anderen."

Um das Fahrverhalten möglichst genau analysieren zu können, wollen die Versicherer perspektivisch auch auf Informationen etwa zum Beschleunigungs-, Brems- oder Kurvenverhalten zurückgreifen. "Um verhaltensbasierte Tarife etablieren zu können, brauchen wir einen ungehinderten Zugang zu den Fahrzeugdaten. Wir setzen uns daher wie viele andere auch für einen neutralen Datentreuhänder ein, der uns – sofern der Kunde es erlaubt – Zugang zu den Fahrzeugdaten gewährt", sagt Comenge. Diese Position teilt auch der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV): "Daten vernetzter Autos gehören nicht den Herstellern", sondern sie gehörten in die Hände der Halterinnen und Halter, sagte GDV-Hauptgeschäftsführer Asmussen bereits 2022.

Die Chancen, dass sich die Versicherer mit ihrer Position durchsetzen, stehen gut. Sämtliche Prüforganisationen sowie der ADAC teilen die Forderung nach einem Datentreuhänder. Und auch die Ampel-Koalition hat sich in ihrem Koalitionsvertrag dazu bekannt.

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