VW-Abrechnungsfehler weitet sich aus

Der Abrechnungsfehler bei VW weitet sich aus. Ende 2022 wurde bekannt, dass VW seinen Händlern für Lager- und Vorführwagen seit fast zwei Jahren zu viel berechnet hat. Je nach Größe entgingen diesen dadurch hohe fünf- bis sechsstellige Beträge. Nun wird klar: Der Fehler beschränkt sich nicht auf die Pkw-Sparte. Auch Volkswagen Nutzfahrzeuge ist betroffen. Das räumte das Unternehmen gegenüber der Automobilwoche ein.

Ursache des Problems ist der seit 1. April 2020 gültige VW-Händlervertrag. Diesem zufolge werden Fahrzeuge bei VW zu den am Bestelltag gültigen Preisen fakturiert. Tatsächlich wurden für Lager- und Vorführwagen jedoch irrtümlich die bei Auslieferung gültigen Preise abgerechnet.

Seinen Partnern gegenüber hat VWN den Fehler noch nicht offiziell eingeräumt. Das berichten Händler. Bevor dies geschieht, soll offenbar eine Lösung für das Problem erarbeitet werden. "Aktuell sind wir im engen Austausch mit unseren Handelspartnern, um dies zu korrigieren", erklärte eine Sprecherin.

Hintergrund könnte sein, dass die Lösung, die VW seinen Händlern zuvor im Pkw-Bereich angeboten hatte, viel Unmmut auf sich gezogen hat: Da es nicht mehr möglich sei, genau nachzuvollziehen, welches Fahrzeug um welchen Betrag falsch abgerechnet wurde, sollten Händler für jedes ab dem 1. April 2020 bestellte und am Versandtag falsch fakturierte Fahrzeug pauschal 400 Euro erstattet bekommen. Alternativ bot VW den Händlern im ersten Quartal 2023 die Teilnahme an einer Sonderleasingaktion für Privatkunden mit besonders attraktiven Konditionen.

"Das ist eine bodenlose Frechheit", schimpfte ein großer VW-Partner damals. Der Vorwurf: VW wolle seine Händler über den Tisch ziehen. Dass VW nicht mehr feststellen könne, wie viel genau falsch berechnet wurde, wollen viele nicht glauben. Die 400 Euro würden nicht annähernd reichen, um die Ausfälle zu kompensieren. Angesichts monatelanger Lieferzeiten lägen zwischen Bestellung und Auslieferung oft mehrere Preiserhöhungen. "Zwischen Bestellung und Auslieferung hatten wir zum Teil Preiserhöhungen um acht Prozent", sagte der Händler. Die tatsächlichen Mehrkosten lägen bei einigen Modellen bei 2.500 bis 3.500 Euro und nicht bei 400. Als Pauschale seien eher 800 Euro angemessen, meint ein Händler, der ebenfalls anonym bleiben will.

Für den Nutzfahrzeugbereich kursiert in der Branche nun die Zahl von 600 Euro pro Fahrzeug, die VW Nutzfahrzeuge als Ausgleich pauschal zahlen will. In den Augen von Händlern keine wirkliche Verbesserung, da die Durchschnittspreise im Nutzfahrzeugbereich höher seien als im Pkw-Bereich. Immerhin sei die Zahl der betroffenen Fahrzeuge im Nutzfahrzeugbereich geringer als bei den Pkw, berichtet der Händler.

VW scheint die Abrechnungsprobleme beim Neuwagenbestellsystem NEWADA übrigens nach wie vor nicht im Griff zu haben: Händler berichten, dass Pkw auch jetzt noch falsch abgerechnet werden. Etliche von ihnen sind aktuell dabei, auf eigene Faust nachzuprüfen, welche Fahrzeuge seit 2020 um welchen Betrag falsch abgerechnet wurden, um sich von VW den tatsächlichen Fehlbetrag erstatten zu lassen. Der Aufwand dafür sei beträchtlich, heißt es. So mancher hat deshalb das Pauschalangebot von VW mittlerweile angenommen.

Bei der Prüfung tauchen zudem laufend neue Probleme auf. Es habe sich gezeigt, dass auch Pkw falsch abgerechnet wurden, die aus dem Bestellvorlauf heraus direkt an den Kunden verkauft wurden, berichtet ein weiterer VW-Partner, der seinen Namen nicht öffentlich nennen will. Zudem seien in einer Liste, die VW den Händlern zur Verfügung gestellt habe, auch Fahrzeuge gewesen, die storniert und dementsprechend gar nicht an den Händler abgerechnet wurden. Für diese Fahrzeuge würde VW seinen Händlern die Pauschale somit zu Unrecht zahlen.

Eine offizielle Empfehlung des Volkswagen und Audi Partnerverbands, wie mit dem Angebot von VW umgegangen werden sollte, sowie eine Auskunft zu den laufenden Verhandlungen gibt es nicht. Aufgrund der laufenden Verhandlungen könne man sich nicht äußern, hieß es dazu bedauernd vom Verband.