Schwerer Abrechnungsfehler bei VW

VW steuert auf Krach mit seinen Händlern zu. Ursache des aufziehenden Konflikts ist ein massiver Abrechnungsfehler von VW, der vor allem zulasten der Händler gelöst werden soll.

Hintergrund ist der seit 1. April 2020 gültige VW-Händlervertrag. Diesem zufolge werden Fahrzeuge bei VW zu den am Bestelltag gültigen Preisen fakturiert. Tatsächlich wurden für Lager- und Vorführwagen jedoch irrtümlich die bei Auslieferung gültigen Preise abgerechnet. Das räumte VW seinen Händlern gegenüber in einer Mail ein, die der Automobilwoche vorliegt.

In dieser schreibt VW weiter, dass man im Nachgang die irrtümlich falsch berechneten Fahrzeuge jedoch "nur manuell und auch dann nicht vollständig darstellen" könne. Sprich, VW will nicht mehr nachvollziehen können, welche Fahrzeuge um welchen Betrag falsch abgerechnet wurden. Daher wolle man den Händlern eine "pragmatische Pauschalregelung, die allen Interessen gerecht werden soll" unterbreiten.

Händler sollen für jedes ab dem 1. April 2020 bestellte und am Versandtag falsch fakturierte Fahrzeug pauschal 400 Euro erstattet bekommen. Alternativ bietet VW den Händlern im ersten Quartal 2023 die Teilnahme an einer Sonderleasingaktion für Privatkunden mit besonders attraktiven Konditionen. Um eine vergleichbare Rate selbst abbilden zu können, müssten die Händler alternativ 2,3 Prozent ihrer Marge als Nachlass einkalkulieren, lockt VW. Wollten die Händler hingegen ihre tatsächlichen Kosten erstattet haben, müssten sie jeden Einzelfall selbst nachweisen und abrechnen, schreibt VW.

Bei Händlern kommt das "pragmatische" Angebot denkbar schlecht an. "Das ist eine bodenlose Frechheit", schimpft ein großer VW-Partner, der anonym bleiben will. "Die wollen uns Händler über den Tisch ziehen." 400 Euro würden nicht annähernd reichen, um die Ausfälle zu kompensieren. Denn angesichts monatelanger Lieferzeiten lägen zwischen Bestellung und Auslieferung oft mehrere Preiserhöhungen. Allein 2022 habe es zwei Preisrunden gegeben, bei denen die Durchschnittspreise über die gesamte Modellpalette jedes Mal um etwa 800 Euro gestiegen seien, schildert ein anderer VW-Partner. "Zwischen Bestellung und Auslieferung hatten wir zum Teil Preiserhöhungen um acht Prozent", sagt der erste Händler. Die tatsächlichen Mehrkosten der Händler lägen in vielen Fällen bei 2.500 bis 3.500 Euro und nicht bei 400.

Vor allem bei großen VW-Händlern mit vielen Standorten und dementsprechend vielen Lager- und Vorführwagen summiert sich das schnell zu sechsstelligen Summen. Dementsprechend groß ist dort der Unmut.

Dass VW nicht nachvollziehen könne, wie viel genau falsch berechnet wurde, wollen viele nicht glauben. Sauer stößt vielen zudem auf, dass die Händler sich binnen fünf Tagen entscheiden sollten, ob sie eine der beiden Alternativen annehmen wollen. "Die Frist war viel zu kurz gesetzt. Wir können uns nicht innerhalb von einer Woche ein Bild der Lage machen. Das hat bei den Händlern große Skepsis erzeugt", sagt ein weiterer VW-Partner. Die Frist hat VW nun immerhin bis auf den 31. Januar 2023 verlängert, berichten Händler.

VW selbst wollte sich auf Nachfrage nicht zu Details äußern. Man sei jedoch aktuell "im engen Austausch mit unseren Handelspartnern", um den Fehler zu korrigieren. "Wir sind zuversichtlich, eine für alle zufriedenstellende Lösung zu finden", teilte eine Sprecherin mit.

Ob viele Händler die angebotenen Alternativen annehmen, ist fraglich. Die meisten scheinen entschlossen, ihre Ansprüche durchzusetzen. "Bei mir geht es um fünfstellige Beträge. Da hole ich mir eine gute Buchhalterin und lasse jede einzelne Bestellung prüfen", kündigt ein VW-Partner grimmig an.