Batterie-Revolution: Reichweiten steigen, Ladezeiten schrumpfen

Die Batterietechnik macht größere Entwicklungssprünge als viele Autobauer, Kunden und Stadtplaner gedacht haben. Reichweiten von über 1000 Kilometer sind am Markt schon bald verfügbar. Zugleich schrumpfen die Ladezeiten beträchtlich. 80 Prozent Kapazität in weniger als einer halben Stunde laden wird zum neuen Standard. Neue Batterie-Chemien schaffen diese Marke bereits in zehn Minuten – und selbst Sekundeneinheiten sind im Labor bereits möglich. 

Bei der diesjährigen Peking Motor Show wurde jedem Besucher klar: Elektroautos werden schon bald die durchschnittliche Reichweite von Verbrennerautos übertrumpfen. Und bei der gerade beendeten IAA Transportation zeigte sich, dass die Batterie-Revolution auch im Schwerlastbereich einzieht – weit schneller als gedacht.

Erfahrene Elektro-Anwender wissen es schon lange: Das entscheidende Plus im Alltagseinsatz rührt nicht aus einer immer größeren Batterie, sondern aus einer geringen Ladezeit. So können selbst Fahrzeuge, die bis vor kurzem noch als „unelektrifizierbar“ galten, mit Batterien der neuesten Generation auf praxistaugliche Reichweiten kommen.

Mercedes beispielsweise stellte in Peking seine G-Baureihe mit der Technik der EQ-Familie vor. Der fast drei Tonnen schwere G580 kommt dadurch auf eine WLTP-Reichweite von bis zu 473 Kilometern.

Der weltgrößte Batteriezellenhersteller CATL präsentierte im April seine neue „Shenxing-Plus“-Batterietechnik. Dabei handelt es sich um eine vergleichsweise günstige Lithium-Eisen-Phosphat-Batterie (LFP), die einem durchschnittlichen Pkw eine Reichweite von mehr als 1000 Kilometern bescheren soll. 600 Kilometer sollen dabei in zehn Minuten Ladezeit erreicht werden. 

CATL hat bereits eine LFP-Batterie „Shenxing“ im Angebot, die eine Reichweite von rund 700 Kilometern schafft und in China von mehreren Herstellern in diversen Modellen verbaut wird.

Schlagzeilen machte in diesem Jahr auch das koreanische Forschungsinstitut Korea Institute of Science and Technology (KAIST). Die Koreaner entwickelten im Labor eine Batterie, die in wenigen Sekunden vollständig geladen werden kann. Basis dafür ist eine Natrium-Ionen-Zellchemie. Zwar ist Natrium 500-mal häufiger vorhanden als Lithium und daher weit günstiger, eine darauf basierende Batterie allerdings hat bei gleicher Größe und gleichem Gewicht deutlich weniger Kapazität und längere Ladezeiten.

Den KAIST-Forschern gelang es nun, dieses Kernproblem der Natrium-Batterie zu eliminieren. Ihre Batterie kann in wenigen Sekunden zu 100 Prozent geladen werden. 

Der Kniff der Koreaner: Sie setzen ein neues Anodenmaterial ein, das großen Kondensatoren ähnelt, die auch als Super-Caps (super capacititors) bekannt sind. Bisher können Super-Caps allerdings nur sehr geringe Strommengen speichern. Dass die KAIST-Batterie jemals das Labor verlässt, ist momentan eher unwahrscheinlich – denn die Kosten sind noch exorbitant und es bestehen weiter gravierende Sicherheitsprobleme. 

Große Hoffnungen ruhen daher weiter auf der Festkörper-Technologie, an der weltweit geforscht wird. Europäische Forscher haben dabei jüngst einen großen Schritt nach vorn gemacht. 

Das mehrheitlich zur VW-Gruppe gehörende US-Start-Up QuantumScape spielt bei der Festkörper-Technik eine besondere Rolle. Die Amerikaner haben einen Feststoff-Keramik-Separator entwickelt, der die Verwendung von reinen Lithium-Metall-Anoden ermöglicht. Im Juli schloss die VW-Tochter PowerCo ein Abkommen, um diese Technologie bei VW in die Großserie einzubringen. Bis zu eine Million Fahrzeuge jährlich will VW damit künftig ausrüsten. Wann genau die Serienfertigung startet, ist aber noch nicht klar.

Das Labor verlassen hat nach etlichen Verzögerungen im Juni eine Innovation des chinesischen Autobauers Nio. Nios halb-feste Batterie (semi solid) hat eine große Kapazität von 150 kWh und mit bis zu 360 Wh/kg die höchste erreichte Energiedichte einer in China gebauten Serien-Batterie. Nio-Chef William Li, der nie um einen PR-Coup verlegen ist, fuhr Ende 2023 in einem ET7, der mit einer Vorserien-Version der Batterie ausgestattet war, 1044 Kilometer weit.