Ford: Eine abenteuerliche Transformation

Ford war über Jahrzehnte beliebt in Europa. Der Fiesta, der Kuga, damals Sierra oder der Taunus. Doch in der Zentrale in Dearborn, Michigan, schaute die Chefetage immer nur auf die roten Zahlen. Ford hatte in Europa zu wenig Marktmacht, um bei Zulieferern günstig einkaufen zu können.

Sie kämpften einen verlustreichen Kampf gegen Volkswagen und (der heutigen) Stellantis, die preiswerter produzieren konnten. Daher lautete die Devise: Wir brauchen eine neue Strategie. Weniger Modelle in der Auswahl, sich von der Konkurrenz mit einem Alleinstellungsmerkmal unterscheiden und endlich über längere Zeit profitabel sein.

So weit, so gut.

Doch die Umsetzung droht zum Fehlschlag zu werden. Ford wird im nächsten Jahrzehnt rein elektrisch. Aber das erste Elektromodell, der Explorer, dessen Produktionsstart gerade war, kommt spät. Es sind schon Dutzende Konkurrenzprodukte in dem Segment da. Wie hier ein profitables Volumen erreicht werden soll, ist fraglich.

Das Kölner Werk hat eine Kapazität von 250.000 Einheiten. Die Beschäftigten werden sich fragen müssen, wie viele Schichten denn in einem Jahr dort gefahren werden. Aktuell ist nach dem Ramp-up eine Schicht mit 250 Autos pro Tag geplant, im Herbst sollen es schon zwei Schichten sein.

Die alten Kundengruppen, die Mondeo und Galaxy fuhren, werden mit dem neuen Konzept aber nicht mehr angesprochen und zwangsläufig den Wettbewerbern frei Haus angedient. Ford positioniert sich als sportliche Outdoor- und Adventuremarke mit amerikanischem Touch, für das es in Europa womöglich nicht genug Interessenten gibt. Eine abenteuerliche Transformation.

Im Management ist das Drama noch größer. Europachef Martin Sander, der bis zuletzt für die neue Strategie kämpfte, geht zurück zum Volkswagen-Konzern. Nur zwei Jahre war er da.

In den USA verzweifelt derweil CEO Jim Farley an der Elektrostrategie. Denn mit jedem verkauften Auto steigt bloß der Verlust. Gut, dass Ford den Pickup F150 hat – das meistverkaufte Fahrzeug Amerikas, das verlässlich Geld in die Kassen spült.

Ford war vor 20 Jahren noch die absatzstärkste Marke der Welt. Die Zeiten sind längst vorbei.