Mercedes nimmt sich mehr Zeit – und Geld

In den vergangenen Wochen hat Mercedes-Chef Ola Källenius keine Gelegenheit ausgelassen, die neue Elektro-Strategie zu erklären. Statt wie bisher geplant im Jahr 2030 ausschließlich elektrische Fahrzeuge zu verkaufen, wenn es die Marktbedingungen zulassen, hört sich dies nun ganz anders an. 50 Prozent soll der Anteil von Plug-In-Hybriden und reinen E-Autos Ende des Jahrzehnts betragen.

Man werde „bis weit in die 2030er“ Verbrenner und BEVs parallel haben, betonte Källenius auf der Hauptversammlung vor wenigen Tagen. Dahinter steckt die Erkenntnis, dass sich die Kunden nur ungern bevormunden lassen und eine neue Technologie nur akzeptieren, wenn sie überzeugt sind. Das aber kann noch dauern.
 

Um sich maximale Flexibilität bei den Antrieben zu bewahren, greift der Konzernchef nun in die Modellplanung ein. Statt wie geplant die Geschichte der erfolgreichen S-Klasse durch einen rein elektrischen Nachfolger auf der Plattform MB.EA im Jahr 2028 zu beenden, soll das Flaggschiff nun deutlich länger laufen.

Gleiches gilt für die E-Klasse, deren neues Verbrenner-Modell bei den Kunden auf große Nachfrage stößt. Neben den Wünschen der Kunden muss Källenius auch auf die Kosten für Forschung und Entwicklung schauen. Statt diese wie geplant auf dem Niveau von 2019 zu deckeln und mittelfristig zu senken, sind sie zuletzt deutlich gestiegen.
 
 

Mit dem jetzt beschlossen Schritt spart sich Mercedes viel Geld, ohne allzu große Kompromisse in der Produktsubstanz einzugehen. EQS und EQE gehören unbestritten zur technologischen Speerspitze bei den Elektroautos und können mit überschaubarem Aufwand in den nächsten Jahren weiter verbessert werden.

Zudem spart sich Mercedes die Notwendigkeit, die noch junge Factory 56 nach wenigen Jahren mit großem finanziellen Aufwand umrüsten zu müssen. Nicht zuletzt können die hochprofitablen Modelle E- und S-Klasse noch länger das Geld erwirtschaften, das für die Transformation dringend benötigt wird.