Apex.OS soll das Android der Automobilbranche werden

Zu den neuen Investoren zählen neben ZF, Continental und der Venture-Capital-Tochter von Jaguar Land Rover beispielsweise auch der Agrartechnikkonzern AGCO, zu dem etwa die Marke Fendt gehört, sowie Airbus Ventures. Angeführt wurde die Finanzierungsrunde von der Investmentgesellschaft Orillion. Zuvor gehörten bereits die Venture-Kapital-Töchter von Volvo, Toyota und Hella zu den Anteilseignern, die in einer ersten Runde bereits 17,4 Millionen US-Dollar in Apex.AI investiert hatten.

Mit dem neuen Geld will das Unternehmen, das sich auf Software für Mobilität und autonome Anwendungen konzentriert, sein Automotive-Geschäft international ausbauen und neue Märkte angehen. Dazu soll unter anderem die Mitarbeiterzahl von derzeit 80 mehr als verdoppelt werden. "Im März konnten wir Toyota als ersten großen Kunden für Apex.OS nennen. Weitere Namen werden in Kürze folgen", erläutert Jan Becker, CEO und Mitgründer des Unternehmens, der Automobilwoche. Derzeit seien "unsere Kapazitäten derzeit voll ausgeschöpft, weil das Interesse an unseren Produkten so groß ist. Deshalb haben wir uns entschieden früher Kapital einzusammeln als ursprünglich geplant."

Bislang habe das Fehlen einer einheitlichen digitalen Plattform "eine integrierte Gesamtfahrzeugentwicklung verhindert" betont Becker. Das will er mit seinem Flaggschiff-Produkt Apex.OS ändern. Dabei handelt es sich, wie Becker erklärt, um "ein Software Development Kit, welches herausragende Entwicklereffizienz ermöglicht. Mit Apex.OS kommen die Entwickler viel schneller zu robusten und sicheren Anwendungen, welche sich einfacher zertifizieren lassen".

Nach Unternehmensangaben ist es das erste nach der Automotive-Sicherheitsnorm ISO 26262 zertifizierte Betriebssystem. Für den Entwickler stelle sich Apex.AI "wie ein Meta-Betriebssystem dar, mit ihm kann er sich auf die Verwendung der Apex.OS APIs beschränken, muss nicht länger die des Basis-Betriebssystems nutzen, das dadurch austauschbar wird". Die Apex.AI-Software lasse sich in alle Fahrzeugbereiche integrieren und in die Cloud erweitern. Zweites Hauptprodukt ist die Apex.Middleware, die dem Unternehmen zufolge einen internen Datentransfer in Echtzeit ermöglicht. Zum Volumen des Markts für Automotive-OS und -Middleware zitiert Becker eine McKinsey-Prognose, die von drei Milliarden im Jahr 2020 und acht Milliarden US-Dollar 2030 ausgeht.

Zu den aktuellen und angestrebten Marktanteilen von Apex.AI wollte Becker keine Zahlen nennen, hat aber hohe Ziele: "Was ich sagen kann, ist, dass Betriebssysteme und Plattform-Software in Winners-take-all Märkte eintreten. Beispiel Smartphone: In den Anfangsjahren gab es mehr als eine Handvoll Anbieter. Heute gibt es nur noch Android und iOS." Der Erfolg von Android basiere auf einer offenen Architektur und damit der Möglichkeit, das System anzupassen. Dennoch gebe es für alle Anwender eine gemeinsame Basis, die ein digitales Ökosystem mit einem gigantischen Appstore ermögliche. "Mit Apex.AI streben wir ebenfalls an, die Basis für ein solch breites Ökosystem zu sein", betont Jan Becker.

Um so einen Erfolg auch mit Apex.OS zu erreichen sieht sich das Unternehmen mit Hauptniederlassungen in Palo Alto, Berlin, Stuttgart und München gut aufgestellt. Denn das Betriebssystem basiere auf dem weltweit verbreiteten und bewährten Open-Source-Roboter-Betriebssystem ROS (Robot Operating System), das zahlreiche Entwickler beherrschen. Apex.AI – mit proprietärer Lizenz – sei eine auf die im Automobilbereich erforderliche noch höhere Sicherheit getrimmte Weiterentwicklung. Zudem habe man die Software bei der Weiterentwicklung echtzeitfähig gemacht.

Expandieren will Apex.AI mit dem frischen Geld auch in Märkte außerhalb des Mobilitätsbereichs. Die Software soll künftig auch in der Landwirtschaft, im Bergbau, in der industriellen Automatisierung und für das Internet der Dinge (IoT) verfügbar sein. Im Rahmen seines Wachstums werde Apex.AI auch nach Asien expandieren, im ersten Schritt nach Japan.

Im Zug der aktuellen Finanzierungsrunde zog Orillion-Partner Ahmed Sallam in den Apex.AI-Vorstand ein. Bereits im Mai war Paul Balciunas als CFO in den Vorstand gekommen. Er war zuletzt in gleicher Funktion für das Start-up Canoo tätig gewesen und hatte zuvor bei der Deutschen Bank verschiedene Börsengänge und Unternehmensverkäufe begleitet.

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