Wenn Sir Jim Ratcliffe in seinen Lieblingspub in London bittet, dann schlägt das bisweilen weite Wellen. Denn hier war es, wo der britische Chemie-Milliardär und Abenteurer seinen Frust über das Ende des in seinen Augen letzten originalen Land Rover Defender so lange ertränkte, bis daraus die Idee für einen eigenen Geländewagen reifte. Vor vier Jahren wurde er in genau diesem Pub enthüllt und bekam auch dessen Namen: Grenadier. Knapp 1000 Stück wurden im vergangenen Jahr in Deutschland zugelassen. Und jetzt steht Ratcliffe einen Steinwurf vom Hyde-Park entfernt wieder vor großem Publikum neben dem Tresen und legt nach: Der Grenadier bekommt einen kleinen Bruder, der Ende 2026 oder Anfang 2027 an den Start gehen soll.
Bei der Nomenklatur einmal mehr in der militärischen Rangfolge verortet, wollen die Briten mit diesem Fuselier beweisen, dass sie nicht in der SUV-Steinzeit gefangen sind. Denn auch wenn sich Ineos zum rustikalen Geländewagen bekennt und die Gattungsbezeichnung SUV als Beleidigung empfindet, ist Sir Ratcliffe nicht immun gegen die Klimasorgen und steht bei allem gesellschaftlichen Engagement auch nicht über der Politik. Der Not gehorchend, weil es in die Zeit passt und weil es irgendwie ein „Must Have“ ist, fährt der Fusilier deshalb rein elektrisch. Das hat natürlich auch Folgen für den Preis: Obwohl eine halbe Nummer kleiner als der Grenadier, wäre Inoes deshalb schon froh, wenn nicht sehr viel teurer wird als der Verbrenner und deshalb auch bei etwa 60.000 Euro starten könnte.
Kleiner Grenadier heißt Fusilier – und fährt elektrisch
Gerade erst ist der Geländewagen Ineos Grenadier so richtig im Markt angekommen, da legt der Autohersteller aus Großbritannien nach. Mit dem Fusilier fährt das Unternehmen ins elektrische Zeitalter vor.
Nachdem der Grenadier aktuell nur als Diesel oder Benziner jeweils mit Sechszylindern von BMW zu haben ist und nur prototypisch mit Brennstoffzelle fährt, ist die Batterie beim Fusilier immer Standard. Allerdings weiß Ratcliffe auch, dass sich elektrisches Fahren nicht so ganz verträgt mit der Expeditionstauglichkeit seiner Autos und den weltweiten Einsatzorten. Denn weder im Dschungel noch in der Savanne oder der Sahara lässt sich bis dato ein Akku laden. Und auch daheim in England bremst die Reichweitenangst nach wie vor den Elektro-Absatz aus.
Deshalb soll es den Fusilier nicht nur als reines BEV mit etwa 100 kWh-Akku und um die 400 Kilometer Reichweite geben. Sondern parallel arbeitet Ineos auch an einer Version mit Range Extender: Ein noch nicht näher spezifizierter Benziner mit zwei, drei oder vier Zylindern treibt dann einen Generator an und produziert jenen Strom, der in der Wildnis nicht zu zapfen ist. Und obendrein ist der Ineos dann nach drei Minuten tatsächlich wieder vollgetankt. Dafür wird zwar die Batterie und mit ihr die rein elektrische Reichweite etwa halbiert, doch soll der Aktionsradius so auf etwa 700 Kilometer steigen.
Auch sonst will Ineos bei der Abenteuerlust keine Abstriche machen, verspricht Entwicklungschef Hans-Peter Pessler und stellt zwei Motoren von jeweils rund 190 kW und damit Allradantrieb in Aussicht. Außerdem gibt es je Achse eine mechanische Sperre und ein elektronisch simuliertes Mitten-Differential sowie eine Geländeuntersetzung. Neben dem Umstieg auf eine Skateboard-Plattform und dem Abschied von Starrachsen hat der Antrieb auch ein paar Konsequenzen fürs Design.
Der Fuselier wird deshalb nicht nur etwas kleiner als der gute 4,80 Meter lange Grenadier, sondern auch ein wenig aerodynamischer: Mit abgerundeten Kanten, eingelassenen Türgriffen und weniger sperrigen Anbauteilen sieht er jetzt nicht mehr ganz so sehr aus wie ein Klon des alten Defenders, sondern nimmt stattdessen mehr optische Anleihen an der Mercedes G-Klasse. Aber das ist ja auch kein schlechtes Vorbild. Und zudem eine Art Klassenkamerad. Denn entwickelt wird der Fuselier wieder bei Magna in Graz, wo ein Werk weiter ja auch der Stuttgarter Vierkant zu Hause ist.
Aber diesmal gehen die Briten noch ein Stück weiter. Während sie den Grenadier im ehemaligen Smart-Werk in Hambach selbst produzieren, übernimmt diesen Job beim kleinen Bruder ebenfalls Magna. Zwar dauert es noch zwei Jahre bis der neue Ineos in den Handel kommt. Doch Wellen schlägt er schon heute – sogar bis in Jim Ratcliffes Pub am Hyde-Park. Denn zumindest für 24 Stunden musste der sogar seinen Namen lassen – und firmiert während der Weltpremiere als „Fuselier“. Und vielleicht wollte Ratcliffe auch der Konkurrenz aus Stuttgart zuvorkommen. Denn die plant für die G-Klasse ebenfalls einen kleinen elektrischen Bruder, der 2026 kommen soll.
Aus dem Datencenter: