Schanghai. Daimler und der chinesische Kooperationspartner BYD sehen trotz noch unklarer Rahmenbedingungen mit Optimismus der Markteinführung des gemeinsamen Elektroautos unter der neuen Marke "Denza" entgegen. "Der Produktionsstart wird Ende 2013 erfolgen, im Frühjahr 2014 kommt der Denza zu den Händlern", kündigte Daimler-China-Chef Hubertus Troska auf der Auto Shanghai an. Der Manager wollte weder den Preis noch die angestrebten Verkaufsstückzahlen für das batterieelektrisch betriebene Fahrzeug nennen, das auf Basis der alten B-Klasse entwickelt wurde. "Wir sind vorbereitet auf einen ordentlichen Boom von Elektro-Fahrzeugen in China. Wir stellen uns auf sehr gute Stückzahlen ein", so Troska. Das Potenzial des Fahrzeugs hänge aber realistischerweise von den staatlichen Förderprogrammen ab.
Die Kooperation von Daimler und BYD war im März 2010 vereinbart worden. Damals hatte die chinesische Regierung noch das anspruchsvolle Ziel definiert, dass 2011 fünf Prozent aller Neuzulassungen reine Elektrofahrzeuge sein sollten. Bei einem Markt von zehn Millionen Einheiten wären das 500.000 Einheiten gewesen. "Die große Euphorie mit Blick auf hohe Stückzahlen ist auch in China ausgeblieben", stellte Daimler-Forschungs-und Entwicklungsvorstand Thomas Weber fest. Während auf der einen Seite der Ausbau der öffentlichen Beladungsinfrastruktur auf der Strecke blieb, sind auf der anderen Seite die Förderungs- und Incentivierungsprogramme für solche alternativ angetriebenen Fahrzeuge immer noch in der Schwebe. Dennoch ist man bei Denza zuversichtlich, dass die öffentliche Hand die Elektromobilität großzügig unterstützt. "Wir gehen von einer Förderung von 60.000 Yuan pro Fahrzeug durch die Zentralregierung aus. Dazu dürften weitere Subventionen durch die Regionen kommen, zum Beispiel in Shenzhen von nochmals 60.000 Yuan pro Fahrzeug", sagte Denza-Marketingchef Rouven Ramp im Gespräch mit der Automobilwoche.Das wären pro Fahrzeug rund 14.700 Euro. Ein weiteres Verkaufsargument ist die unlimitierte Zulassung von Elektroautos. Hintergrund: In vielen Metropolen deckeln die Behörden die Zulassungen und vergeben sie in einem Lotterieverfahren. Für Elektrofahrzeuge gilt das nicht. Der Preis des Denza dürfte bei rund 30.000 Euro starten. Die offizielle Preisgestaltung wird bei der Weltpremiere des Fahrzeugs auf der Autoshow in Guangzhou in sieben Monaten bekannt gegeben. Arno Röhringer, Co-Technik-Chef des Joint-Ventures, betonte, dass das Elektroauto wie geplant für den Volumenmarkt positioniert werde. Bei der Einführung des Elektro-Smart hatte Daimler eine Stückzahl von mindestens 10.000 Einheiten jährlich als Volumenproduktion bezeichnet. Der Denza kommt zunächst in den Metropolen Peking, Schanghai und Guangzhou auf den Markt. Vertrieben wird das Elektrofahrzeug in einer eigenen Vertriebsorganisation des Joint-Ventures mit eigenen Händlern.Elektrofahrzeug von Daimler und BYD kommt 2014
Während in China die Euphorie über die Elektromobilität schon längst verflogen ist, stellen sich Daimler und der chinesische Kooperationspartner auf "sehr gute Stückzahlen" für das gemeinsam entwickelte Elektroauto ein. Der Produktionsstart wird laut Daimler-China-Chef Ende 2013 erfolgen.
Partner BYD in Krise
Daimler hat mit BYD ein paritätisches Joint Venture gegründet. Beide Hersteller wollten zusammen rund 71 Millionen Euro investieren. Während Daimler vor allem das Know-how bei der Fahrzeugarchitektur sowie der Integration der Powertrain-Komponenten besteuert, liefert BYD die Expertise bei der Batterietechnologie und bei elektrischen Antrieben. Der Denza verfügt über einen Eisen-Phosphat-Akku mit einer Reichweite von 200 Kilometern. Durchschnittlich fahren chinesische Autofahrer zwischen 50 und 80 Kilometer täglich. Damit würde die Batteriekapazität ausreichen, um das Fahrzeug zuhause zu laden.
Auf der Messe in Schanghai präsentierten die Partner einen getarnten Prototypen, der derzeit ein anspruchsvolles Testprogramm absolviert. "Wir werden das sicherste und zuverlässigste Elektroauto in China entwickeln", versprach Troska. Bis heute hat das Fahrzeug mehr als 250.000 Kilometer hinter sich. Ziel ist eine Million Testkilometer bis zur Serienreife. Dazu wurden mehrere Modelle gecrasht. "Wir werden eine hohe China-NCAP-Bewertung erhalten", so Röhringer. Im vergangenen Jahr war ein Elektroauto aus der eigenen Produktion von BYD nach einem schweren Unfall, der von einem anderen Fahrzeug verursacht wurde, in Flammen aufgegangen, was dem Projekt mit Daimler schlechte Schlagzeilen eingebracht hat. Dazu kamen massive Absatzprobleme und wirtschaftliche Schwierigkeiten von BYD. Das 1995 gegründete und seit 2002 an der Hongkonger Börse gelistete Unternehmen mit dem ausgeschriebenen Namen "Build your dreams" gehörte einst zu den innovativsten Batterielieferanten vor allem bei der Lithium-Ionen-Technologie. Erst im Jahr 2003 erfolgte der Einstieg in den Bau eigener Fahrzeuge. Die hochfliegenden Pläne, sich als Fahrzeughersteller zu etablieren und sogar Fahrzeuge in Europa zu verkaufen, haben sich inzwischen zerschlagen. BYD steckt tief in der Krise.Wichtig ist das gemeinsame Elektrofahrzeug für Daimler aber auch aus politischen Gründen. "Unser Projekt wird extrem wohlwollend von der Regierung begleitet", so Weber. Der Stuttgarter Autohersteller hat damals in Eigeninitiative das Projekt angestoßen und ist damit anderen ausländischen Unternehmen, die mittlerweile von der chinesischen Regierung zu Elektroauto-Initativen mit lokalen Herstellern gedrängt werden, weit voraus. Hintergrund: Die chinesische Regierung will, dass mehr High-Tech in China selbst gefertigt wird und und so für einen Know-how-Transfer zu den chinesischen Joint-Venture-Partner sorgen. Außerdem verlangt die Regierung mehr Engagement der Ausländer in der Entwicklung des Landes. "BYD und Daimler werden zur Verwirklichung der chinesischen Ambitionen mit einem faszinierenden Auto beitragen", so Troska.
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