Sie haben es zumindest versucht. BMW und Mercedes waren in Sachen gemeinsame Software-Architektur 2020 "auf einem guten Weg" bis die Münchner plötzlich kalte Füße bekamen und die Gespräche beendeten - das weckte Erinnerungen an die gescheiterte gemeinsame Kompaktklasse-Matrix. Auch mit VW hat Mercedes bis 2021 intensiv geredet. Die Herren Diess und Källenius waren sich im Prinzip handelseinig, doch kurz vor knapp legte das oberste Wolfsburger Kontrollgremium ein Veto ein. Jetzt werkeln nicht nur BMW und Mercedes im Alleingang vor sich hin, auch VW hat sich einen Teil der Software-Verantwortung wieder von Audi zurückgeholt, denn Zeitplan, Kosten und Ergebnis drohten immer weiter von den ursprünglichen Zielen abzurücken. Zwei Jahre haben die Software-Schmiede Cariad und deren Vorgänger-Organisationen bereits in den Sand gesetzt - weitere Verzögerungen sind nicht ausgeschlossen.
Warum gelingt es den hochbezahlten Managern und ihren Aufsehern eigentlich nicht, die digitalen Kräfte herstellerübergreifend zu bündeln, gemeinsam den Aufwand zu reduzieren und zumindest die Basisentwicklung im Verbund zu stemmen? Klar, Differenzierung ist ein Muss vor allem im oberen Preissegment, aber Sicherheit - Stichwort autonomes Fahren - ist nicht skalierbar, sondern in Stein gemeißelte Pflicht, auf der die markenspezifische Kür aufbauen kann. Zumal fast alle Beteiligten das hehre Ziel verfolgen, möglichst spezifische Schnittstellen zu installieren, die nicht automatisch Apple und Google anheim fallen, sondern bevorzugt eigene Systeme unterstützen. Um deutlich schneller, flexibler und billiger zu werden, muss die Industrie die Methodik, Autos zu entwickeln, neu erfinden. Einen Code schreiben, dann wochenlang auf Musterchips warten, diese unter besonders kritischen Betriebsbedingungen validieren, den Kostenstand abgleichen und danach erst den nächsten Trippelschritt machen, das funktioniert längst nicht mehr.
Wenn die deutsche Oberliga am gleichen Strang zöge, müsste es doch zu schaffen sein, das Auto als echtzeitfähigen digitalen Code zu verstehen, der über neuronale Netzwerke in Nanosekunden die virtuelle Welt des realen Fahrzeugs verarbeitet. Solch ein Netzwerk erkennt und verbessert Fehler schon während des Schreiben des Codes, optimiert über automatisierte Testalgorithmen die Stabilität und Zuverlässigkeit, nutzt Hochleistungs-Simulation als im Stakkato getakteten Qualitätscheck. Sobald das Anlegen, Zertifizieren und Bestätigen dieser Prozess-Kaskade im Zeitraffer erfolgt, gehören monatelange Freigabearien der Vergangenheit an. Klingt gut, aber leider fehlt der alten Auto-Welt noch jene souveräne Rechnerleistung, die Apple demnächst mit seinen M1/M2 Chips in den Markt pressen wird. Die Hauptaufgabe aller modernen Software-Systeme ist es, absolute Sicherheit durch ununterbrochene Assistenzketten zu garantieren - das heißt, vorausschauen, zurückschauen, zur Seite schauen und die gewonnenen Erkenntnisse in entsprechende Fahrmanöver umsetzen. Über das Ziel ist man sich einig, aber wo steht denn geschrieben, dass jeder Anbieter eine eigene Straße dorthin bauen muss?
Aus dem Datencenter: