Aufstand gegen VWs "Margensparprogramm"

Die Vertriebspartner des Volkswagen Konzern schließen sich zusammen und wollen sich gemeinsam gegen die Agenturpläne des Herstellers wehren. "Die derzeit im Konzern herrschenden Vorstellungen zum Agenturgeschäft können wir nicht akzeptieren", sagte Dirk Weddigen von Knapp, Präsident  des VW- und Audi-Partnerverbands (VAPV) laut Mitteilung auf einer internen Veranstaltung mehrerer Partnerverbände am Donnerstag in Hannover.

Dort haben sich mehr als 800 Händler und Servicepartner von Volkswagen, Audi, Seat und Skoda getroffen, um sich von ihren Händlerverbänden über den Stand der Agenturverhanldungen informieren zu lassen. Die anwesenden Händler stehen für mehr als 60 Milliarden Euro Umsatz, die sie mit rund 130.000 Mitarbeitern in ihren 2.400 Betrieben erzielen.

Grundsätzlich sind die Händler nicht gegen das Agenturmodell, entscheidend ist jedoch die Ausgestaltung.

Bei den Partnern herrscht große Unzufriedenheit und Verunsicherung. Volkswagen Pkw und die Seat-Submarke Cupra vertreiben die Elektroautos bereits im Agenturmodell. Das heißt die Händler vermitteln die Fahrzeuge für den Hersteller auf Provisionsbasis statt diese in ihrem eigenen Namen zu verkaufen.

Bei den anderen Konzernmarken – Audi, Seat und Skoda – stocken die Verhandlungen zur Einführung des Agenturmodells zunehmend. Bei VW Nutzfahrzeuge verhinderten die Händler den Vertrieb des ID.Buzz im Agenturmodell.

Streitpunkt bei allen Konzernmarken ist die Vergütung: Volkswagen zahlt seinen VW-Partnern derzeit eine fixe Provision von vier Prozent plus eine variable Vergütung von zwei Prozent. Bei Cupra wiederum hat der Händlerverband nach Informationen der Automobilwoche aus Händlerkreisen eine Online-Vertriebsrichtlinie unterzeichnet, wonach Händler bei Leasing-Geschäften 3,1 und bei Bargeschäften 5,0 Prozent Agenturprovision erhalten.

Viel zu wenig, aus Sicht der Händler. In einer Abstimmung ermächtigten die anwesenden Händler daher ihre jeweiligen Verbände, mit dem Konzern über die Höhe der Agenturprovision zu verhandeln.

"Die vorliegenden Angebote, die dargestellten Verhältnisse von Vergütung und Aufgaben sowie Risiken sind nicht auskömmlich", sagte Alexander Sauer-Wagner, Sprecher der VAPV-Geschäftsführung. Damit könnten die Händler weder nachhaltig noch in der bekannten Qualität arbeiten. "Damit können wir auch die Herausforderungen der Transformation nicht erfolgreich gestalten."

"Die unechte Agentur bringt nur dem Hersteller Vorteile. Da waren sich alle einig", sagte ein Händler nach der Veranstaltung im Gespräch mit der Automobilwoche. Diese sei im Grunde nur ein "Margensparprogramm" des Herstellers. Dass die Agentur in den Verhandlungen zwischen Hersteller und Handel nicht ganz grundsätzlich in Frage gestellt wird, liegt seiner Ansicht nach vor allem daran, dass sich der Konzern darauf niemals einlassen würde und eher noch das komplette Netz kündigen würde.

Die Vergütung ist nur ein Streitpunkt zwischen Hersteller und Vertriebspartner. Ein zweiter das Gebrauchtwagengeschäft. Dieses gewinnt für die Partner im Agenturmodell meist an Bedeutung.

Nun fürchten sie, dass Volkswagen das zuletzt sehr lukrative Geschäft an sich reißen will. Entsprechend wehren sie sich, die Gebrauchtwagen aller Marken an die Finanztochter Financial Services zu überführen. "Stattdessen soll die Vermarktung über die deutschen Markenorganisationen erfolgen", so Weddigen von Knapp. Auch hierfür gab es in einer weiteren Abstimmung ein klares Votum der anwesenden Händler für die Linie des Verbands.

Die Angst der Händler ist nicht unbegründet: In den vergangenen Monaten hat Volkswagen Financial Services (VWFS) verschiedene Tests im Gebrauchtwagenmarkt gemacht und ist in den direkten Eigenvertrieb über die Plattform Heycar eingestiegen. VWFS bietet Händlern an, die von ihnen verkauften Gebrauchten gegen eine Provision von 250 Euro auszuliefern.

"Durch die Pläne des Konzerns werden nicht nur unser erfolgreiches Online-Offline-Ökosystem mit der grundsätzlichen Einbindung der Partner in Frage gestellt", kritisierte Weddigen von Knapp. In den beiden Voten der Händler sieht der Verband nun den Auftrag, sich "massiv für die Wirtschaftlichkeit und Werthaltigkeit der Verträge einzusetzen".

Inwieweit das den Händlervertretern gelingt, ist trotz deren großen Engagements, das ihnen viele Händler bescheinigen, offen. "Ich gehe mit sehr gemischten Gefühlen aus der Verantaltung", sagt ein Händler.

Aus dem Datencenter:

Einführung des Agenturmodells in Deutschland (Stand 2022)