Mit Schwachstrom auf Familien-Fang

Das Familienleben ist für viele oft spannend genug, da muss es nicht auch noch ein Elektroauto sein. Diese Ausrede hat Nissan offenbar oft genug gehört und schickt deshalb jetzt einen besonders innovativen Stromer an die Familienfront. Denn wenn in diesen Tagen zu Preisen ab 35.500 Euro die vierte Generation des X-Trail an den Start geht, lockt der nicht nur wie bisher mit der Option auf eine dritte Sitzreihe sowie neuerdings ein paar praktischen Details wie den besonders weit öffnenden Fondtüren. Sondern zum ersten Mal gibt es ihn auch als E-Power mit einer Kombination aus Verbrenner und E-Motor, die zumindest in der Interpretation der Japaner alle Vorteile des elektrischen Fahrens bietet, ohne dass man sich ums Laden sorgen und eine teure Batterie mit herumschleppen müsste.

Für einen Aufpreis hat Nissan den X-Trail gegenüber dem Qashqai um einige Zentimeter in der Länge und im Radstand gestreckt und ihn zudem nicht ganz so urban und glattgeschliffen gezeichnet, sondern in Trekking-Klamotten gesteckt und gleich noch die Ärmel hochgekrempelt. Technisch allerdings sind die beiden SUV eng miteinander verwandt, teilen sich die gleiche Plattform und nutzen bei Assistenz und Infotainment die gleichen Displays im digitalen Cockpit oder auf dem Mitteltunnel, den identischen Sensor-Satz und Chips mit einem ähnlichem Softwarestand.

Nur unter der Haube machen die Ingenieure einen Unterschied. Das gilt für den einzigen halbwegs klassischen Verbrenner, der hier 1,5 statt 1,3 Liter Hubraum hat, immerhin auf 163 PS kommt und wenigstens 200 km/h schnell laufen darf. Und das gilt mehr noch für den konkurrenzlosen ePower-Antrieb, der elektrisches Fahren ohne Stecker ermöglicht, weil der Strom für den E-Motor an Bord von einem besonders effizienten und nicht mit den Rädern verbundenen Benziner erzeugt wird. Wo der im Qashai nur die Vorderachse antreibt, gibt es im X-Trail, so viel sind die Ingenieure dem Abenteuer-Charakter des Geländewagens schuldig, auf Wunsch auch zwei E-Motoren und damit den gattungsgerechten Allradantrieb. Die Leistung liegt dann bei 204 oder 213 PS und das Spitzentempo bei mageren 170 oder 180 km/h. Dafür allerdings können die Kunden vom hohen Anfahrdrehmoment des Stromers bis zum Rekuperieren mit dem intelligenten e-Pedal alles ausprobieren, was sie bei einem reinen E-Auto erwarten würden. Und der Verbrauch ist mit bestenfalls 5,8 Litern so niedrig, dass ein Diesel überflüssig wird und Nissan auch in dieser Baureihe den Selbstzünder ausmustert.

In der Theorie ist das ein geniales Konzept und daheim im streng tempolimitierten und obendrein staugeplagten Japan sogar erfolgreicher als der Hybrid etwa im Prius. Aber bei uns mag der Funke der Begeisterung nicht so recht überspringen: Bei niedrigem Tempo und voller Batterie herrscht zwar die gleiche Ruhe wie etwa im Leaf – zumal man den Verbrenner auf Knopfdruck in die Pause schicken und dann bei entsprechend sanftem Gasfuß trotzdem bis zu fünf Kilometer bei maximal 90 km/h in aller Stille fahren kann. Erst wenn der gerade mal gute 2 kWh große Pufferblock unter dem Kofferraumboden leer ist oder man in einem der vier Fahrprogramme mehr Leistung abruft, meldet sich mit dem typischen Knattern der das eingebaute Notstromaggregat zu Wort und irritiert dabei des Fahrers Sinne. Denn die konstanten Drehzahlen passen nicht zur empfundenen Beschleunigung. Aber sie sind effizient. Zusammen mit der Rekuperation, die auf Knopfdruck so stark ist, dass man das Bremspedal getrost vergessen kann, geht der Verbrauch gegenüber einem herkömmlichen Hybriden um rund 20 Prozent zurück und liegt für den X-Trail im besten Fall bei 5,8 Litern. 

Zwar genießt man mit der ePower nur ganz selten die Stille der Stromer und natürlich kommen aus dem Auspuff auch weiter Abgase. Doch selbst gegenüber dem Ariya als neuestem Nissan für die Generation E hat der Stromer ohne Stecker ein paar handfeste Vorteile. Die Reichweite liegt bei über 800 statt bestenfalls 500 Kilometern, statt stundenlang an der Ladesäule zu parken, rollt man zwischendurch mal für ein paar Minuten an einer Zapfsäule vorbei. Und wo der Ariya bei 47.000 Euro startet, ist der X-Trail mit e-Power 10.000 Euro günstiger. Dumm nur, dass es für ihn keine Förderung gibt uns beide Kandidaten so für den Kunden doch wieder gleichauf liegen. Aber erstens bietet der Ariya keine sieben Sitze, und zweitens erspart der X-Trail gestressten Familienmenschen den Nervenkitzel beim Laden.

Aus dem Datencenter:

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