VW-Chef Blume beim Kanzler

Scholz soll Betriebsratsvergütung richten

Frank Johannsen

Der Streit um die Betriebsratsvergütung erreicht das Kanzleramt. Um massive Kürzungen nicht nur bei VW zu vermeiden, soll Olaf Scholz jetzt die Regeln ändern. VW-Chef Oliver Blume wurde dazu in Berlin vorstellig.

Mittwoch, 5. April 2023, 09.00 Uhr

Foto: Volkswagen

Chefsache: Kanzler Scholz, hier beim Wolfsburg-Besuch im Februar, soll nun die Betriebsratsvergütung klären.

Das Thema Betriebsratsvergütung schlägt immer höhere Wellen. Weil nach einem Urteil des BGH massive Gehaltskürzungen auch bei lang gedienten Arbeitnehmervertretern drohen, fordern die Konzerne eine zügige Änderung der gesetzlichen Regeln.

VW-Chef Oliver Blume wandte sich inzwischen direkt an Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). Nach Informationen der Automobilwoche wurde er im März im Kanzleramt vorstellig. Ziel: Scholz solle für eine zügige Neuregelung des 50 Jahre alten Betriebsverfassungsgesetzes sorgen.

"Frontalangriff auf die Mitbestimmung"

Auslöser ist ein Urteil des BGH von Januar. Eigentlich ging es um ein Strafverfahren gegen vier Ex-VW-Personalmanager, denen die Gewährung überhöhter Gehälter für Betriebsräte vorgeworfen wurde. Die Richter erklärten dann aber die bisherige Praxis einer hypothetischen Karriere insgesamt für unzulässig. Wer sie anwende, mache sich strafbar.

Die Folge: Auch normal nach Tarif eingestuften Betriebsratsmitgliedern, die weit entfernt sind von Spitzenvergütungen, wie sie einst Bernd Osterloh bei VW erhielt, drohen massive Kürzungen. Der VW-Betriebsrat sprach von einem "Skandalurteil, das einem bundesweiten Frontalangriff auf die Mitbestimmung gleichkommt".

Betriebsrat als Karrierekiller

In den Konzernzentralen wird seither fieberhaft gerechnet, nicht nur in Wolfsburg. "Dieser Prozess dauert noch an", hieß es auch bei Mercedes. Die Neueinstufungen dürften dann oft erneut vor Gericht landen. "Momentan prüfen einige Betroffene den Klageweg gegen die Herabstufung ihrer Entgelte als Betriebsräte", erklärte die IG Metall. Und: "Es ist keinesfalls ein reines Problem von VW."

In Wolfsburg ist von einer kleinen zweistelligen Zahl Betroffener die Rede, bei insgesamt 250 freigestellten Betriebsräten. Betriebsratschefin Daniela Cavallo ist dem Vernehmen nach aber nicht betroffen. Anders als Osterloh habe sie nie eine Managervergütung erhalten. Laut Betriebsrat werden 98 Prozent der Mitglieder nach Tarif vergütet.

Sorge bereitet den Unternehmen vor allem die Langzeitwirkung. "Das ist ein ganz heißes Eisen", sagte ein VW-Manager, der namentlich nicht genannt werden wollte. Wenn die Arbeit im Betriebsrat zum Karrierekiller werde, dürften sich kaum noch qualifizierte Kandidaten finden. "Wie soll man mit denen dann konstruktiv zusammenarbeiten?" Daher müsse die Politik die Regeln nun zügig ändern.

Aus dem Datencenter:

Kennzahlen des Volkswagen-Konzern 2022